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US-amerikanische und deutsche Städte lernen voneinander

Ausgangslage

Nachhaltige städtische Entwicklungsprozesse leben durch Kooperation, Nachbarschaften und bürgerschaftliches Engagement. Die unterschiedlichen kommunalen Erfahrungen in bürgernahen Entwicklungsprogrammen in deutschen und US-amerikanischen Städten wurden im Projekt diskutiert und akteursbezogene zukünftige Lern- und Austauschaktivitäten initiiert.

Aufgrund eines zwischen dem Ministerium für Wohnungswesen und Stadtentwicklung der USA (U.S. Department of Housing and Urban Development) und dem BMVBS abgeschlossenen Kooperationsabkommens wurde das Lernprogramm zwischen den deutschen Städten Bottrop, Leipzig sowie Ludwigsburg und den US-amerikanischen Städten Austin, Flint sowie Memphis aufgebaut und umgesetzt. Es hatte zum Ziel, den Austausch kommunaler Entwicklungspraktiken im direkten Austausch zwischen den Städten zu unterstützen und das Netzwerk D4C (Dialogue for Change) aufzubauen.

Der Untersuchungsgegenstand leitete sich dabei auf deutscher und europäischer Seite aus den Kernpunkten der LEIPZIG CHARTA zur nachhaltigen europäischen Stadt und auf US-amerikanischer Seite aus den Grundsätzen lebenswerter Städte ab:

  • Schaffung eines breiten Angebots an Beschäftigungsmöglichkeiten
  • Förderung angemessenen, bezahlbaren Wohnraums
  • Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Städten
  • Unterstützung von quartiersbezogenen Nachbarschaften
  • Koordinierung von Politiken und Investitionen
  • Stärkung des Ansatzes integrierter Stadtentwicklungspolitik und
  • Förderung benachteiligter Stadtquartiere

Zur Beantwortung der offenen Fragen wurde der Ansatz des Peer-to-Peer-Lernaustausches angewendet. Dieses Format ermöglicht den direkten Austausch kommunaler Praxiserfahrung zwischen den Städten und, darauf aufbauend, die gemeinsame Entwicklung von politischen Lösungsstrategien und konkreten Aktionsprogrammen.

Ziel

Die Lernmethodik des Städtenetzwerkes besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten:

  • Lernlabor: Nutzung aktueller Planungsprozesse in den am Netzwerk beteiligten Städten, um Konzepte sowie Ideen, die im Kontext von D4C entstehen, zu testen und die Ergebnisse mit dem Netzwerk aktiv zu teilen;
  • Erfahrungsaustausch: Förderung des gegenseitigen Austausches, um Strategien in der Tiefe zu analysieren, Erfahrungen zu teilen und zu bewerten und Strategien, gegebenenfalls revidiert, anzuwenden;
  • Zielorientierung und Zielüberprüfung: Festsetzung von Lernzielen, bezogen auf gesamtstädtische oder individuelle Situationen, Begleitung und Überprüfung von Prozessabläufen und Erreichung der Lernziele unter Einbeziehung der Netzwerkteilnehmer als Coaches.

Das D4C-Netwerk hat sich selbst und seinen teilnehmenden Städten drei Grundregeln zur Beachtung in Prozessen bürgerschaftlichen Engagements entwickelt:

  • Anfängliche Kritiker werden in den meisten Fällen langfristig zu Unterstützern;
  • Es gibt kaum "Verweigerer";
  • Es findet kein Scheitern in der Teilhabe statt, sondern es eröffnen sich Gelegenheiten, etwas Neues zu testen.

1. Projektphase (Oktober 2012 - Januar 2013)

Dialogue for Change I (Berlin, 10. Oktober 2012)

In der internationalen Stadtentwicklungskonferenz "Städtische Energien – Zukunftsaufgaben der Städte" fand der erste Projektworkshop im Beisein des Bürgermeisters von Memphis statt. Die teilnehmenden Städte tauschten sich erstmalig über ihre Herausforderungen auf lokaler Ebene aus und gründeten das Netzwerk D4C.

Dialogue for Change II (Washington DC, 14. - 16. Januar 2013)

Der zweite Workshop vertiefte nicht nur den Austausch zwischen den Städten, sondern brachte auch gemeinsame Projekte zur Unterstützung der jeweils anderen Kommune auf den Weg. Die Lernmethodik wurde gemeinsam mit den Städten entwickelt und in konkreten Arbeitsschritten von 30, 60 und 90 Tagen umgesetzt. Neue Beteiligungsinstrumente der sozialen Medien und IK-Technologien (z.B. Keypad-Polling) wurden getestet.

2. Projektphase (Februar 2013 - April 2013)

Dialogue for Change III (Leipzig, 22. - 24. April 2013)

Hier wurde Zwischenbilanz gezogen und die Überprüfung der vereinbarten Arbeitsschritte durchgeführt. Vorträge externer Kommunikationsexperten zur Schaffung einer Kultur der Teilhabe und zur Nutzung von Erzählsträngen ("Narratives") über die Transformation von Städten vertieften einzelne Aspekte. Darüber hinaus kamen die Netzwerkteilnehmer überein, auf der Grundlage der Projektergebnisse ein Weißbuch zum bürgerschaftlichen Engagement zu erarbeiten.

3. Projektphase (Mai 2013 - Oktober 2013)

Dialogue for Change IV (Memphis, 11. - 13. September 2013)

Im Abschlussworkshop wurde Gesamtbilanz gezogen und die Arbeitsergebnisse der einzelnen Städte vorgestellt. Zusätzlich wurden neue Techniken des Feedbacks eingeübt (u.a. Stakeholder Re-Mapping). Die Städte stellen abschließend ihre Inputs für das Weißbuch vor.

Ergebnisse

Die Ergebnisse lassen sich in vier "D4C-Kernprinzipien" für bürgerschaftliches Engagement zusammenfassen:

  • Für Beteiligungsprozesse auf lokaler Ebene müssen klare und realistische Ziele gesetzt werden. Zweck und Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern sind so zu definieren und festzulegen, dass deren Beiträge passgenau für ein einzelnes Stadtentwicklungsprojekt oder eine gesamte Stadtentwicklungsstrategie verwendet werden können.
  • Interessensgruppen und deren Belange müssen eruiert werden, damit sie unter Ausbalancierung ihrer Einflussmöglichkeiten vernünftig in Prozesse eingebunden werden können.
  • Kommunikationsstrategien zu Beteiligungsprozessen sind jeweils projektbezogen und situationskonform anzupassen. Das gilt auch für die Strukturierung und Durchführung der Verfahren sowie die kontinuierliche Ansprache der Beteiligten.
  • Daten und statistische Auswertungen sind strategisch sinnvoll und in transparenter Weise einzusetzen.

Die Teilnehmer des D4C-Netzwerkes schätzen weitere Elemente als bedeutsam ein, die der jeweiligen Situation angepasst werden müssen:

  • Gemeinsames Lernen: Schaffung eines Angebots, von Interessensgruppen neue Methoden und deren effektive Einbindung zu lernen; Erlauben einer "Kultur des Lernens" im Projektteam, um neue Instrumente und Verfahren zu testen
  • Evaluierung: Definieren und Messen des Erfolgs der Anstrengungen zur Teilhabe am Prozess und transparentes Kommunizieren der Fortschritte bei der Erreichung dieser Ziele
  • Anerkennung von Fähigkeiten: Offen sein für die Fähigkeiten anderer, Teilhabe erfolgreich durchzuführen – im Hinblick auf alle Interessensgruppen – und gezielte Suche nach Partnerschaften zur Überwindung von Hindernissen
  • Institutionalisierung der Beteiligungsverfahren: Ausgleich schaffen, sowohl zwischen Standardverfahren bürgerschaftlichen Engagements als auch der Notwendigkeit auf lokale Bedürfnisse innovativ und angemessen reagieren zu können

Zu den unvorhergesehen Ergebnissen der Initiative gehören ein unter den Teilnehmern aufgebautes und gepflegtes Vertrauens- und Solidaritätsgefühl, um auch – nach ihrer Auffassung – kritische Punkte in Beteiligungsverfahren, von denen sie zunächst Abstand genommen haben, zielorientiert besprechen und sich über den Austausch im konkreten Verwaltungsalltag weiterbilden zu können. Hilfreich sind die ihnen erläuterten Instrumente, wie Keypad-Polling, Stakeholder Re-Mapping und Narratives.

Bürgerschaftliches Engagement lässt sich also auch "transatlantisch" gestalten; das Voneinander-Lernen von Städten kennt keine Grenzen, da städtische Herausforderungen – trotz aller kultureller und geografischer Nuancen – in der Regel ähnlich sind.

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