Wirtschaftsimpulse für Fachwerkstädte
Quelle: Diana Wetzestein
Fachwerkhäuser prägen in vielen Teilen Deutschlands die Kulturlandschaft. Sie sind aufgrund des demographischen Wandels in urbanen und ländlichen Räumen mit strukturellen Problemen konfrontiert, die sie seit einiger Zeit in einem bundesweiten Netzwerk lösen. Bei der Weiterentwicklung der bereits zweimal durchgeführten Fachwerktriennale wurden besonders innovative Strategien und Projekte der Stadtentwicklung in einem Wettbewerbsverfahren ermittelt. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf wirtschaftsbezogene Fragestellungen gelegt.
Ziel des Projekts
Zentrales Projektziel war es, einen kontinuierlichen Prozess zur Entwicklung von innovativen Strategien und Projekten zum Umbau der Fachwerkstädte gemeinsam mit Wirtschaftspartnern zu initiieren. Daraus sollten dauerhafte instrumentelle und übertragbare Beiträge zur Stadtentwicklung abgeleitet werden.
Hierbei wurde an viele schon bestehende Einzelkooperationen zwischen Unternehmen und den historischen Fachwerkstädten angeknüpft, die jedoch in der Regel nur auf einzelne Gebäude oder die Beteiligung an singulären "Events" ausgerichtet waren. Mit der neuerlichen Initiative erprobten die Fachwerkstädte darüber hinausgehende kontinuierliche und in Planungsstrategien integrierte Kooperationen mit der Wirtschaft.
Aufgabe
Die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e.V. engagiert sich für die Entwicklung und Umsetzung innovativer Beispiele der Stadtentwicklung im Kontext des demographischen Wandels in historischen Fachwerkstädten. Die Beteiligung der Wirtschaft ist hierfür von zentraler Bedeutung. Aufgabe war es deshalb, durch die Beiträge dauerhafte strategische Allianzen zwischen Bürgern, Verwaltung und Wirtschaft zu initiieren.
Umsetzung
In diesem Rahmen wurden drei fachwerkspezifische inhaltliche Ausrichtungen vertieft:
- bürgerschaftliche Initiativen, zum Beispiel in Form von Genossenschaften, Standortgemeinschaften oder PPP Modellen, die gemeinsam mit der Wirtschaft professionalisiert werden konnten; Beispiele sind Hann. Münden oder Felsberg
- Beiträge von Unternehmen zur Rettung des baukulturellen Erbes, die z.B. in Form aktiver Unternehmensbeteiligungen oder Fonds verstetigt werden konnten. Beispiele hierfür sind Duderstadt, Melsungen oder Wernigerode
die Modernisierung der vor allem in den alten Bundesländern veralteten touristischen Übernachtungsinfrastruktur, die mit Investoren und Eigentümern angegangen wurden. Beispiele sind Seligenstadt oder die Umgebindehausstraße.
Eine der spektakulärsten Aktionen war die „9 x 24-Haussanierung“, die von der Altstadtgenossenschaft Hann. Münden auf die Beine gestellt wurde. Hierbei wurde in nur neun Tagen ein mittelalterliches Fachwerkhaus mit Hilfe von Freiwilligen wieder bewohnbar und konnte vor dem Abriss gerettet werden. In Duderstadt und Wernigerode konnten Beiträge lokaler Unternehmen zur Rettung des baukulturellen Erbes in Form aktiver Unternehmensbeteiligungen oder Fonds verstetigt werden. Zusammen mit der Stiftung trias haben einige der Fachwerkstädte die Gründung eines gemeinsamen Bürgerfonds vereinbart. Dieser soll das zentrale Problem beim Erwerb von Immobilien und dem Zugang zu Kapital für die Sanierung von Fachwerkhäusern durch Initiativen überbrücken. Im Rahmen der Innenstadtinitiative in Homberg (Efze) wurde zur Finanzierung der Altstadtsanierung ein GmbH & Co. KG-Modell ausgearbeitet, in dem die beteiligen Handwerker geldwerte Eigenleistungen einbringen.
Ein Erfolg war auch der Crowdfunding-Ansatz zur Finanzierung der Restaurierung des Schlosses in Homberg (Ohm). Diese wurde durch den Bürgerverein Schlosspatrioten e.V. zusammen mit viel freiwilligem Engagement angegangen. In Celle wurde der Ideen-Wettbewerb „Lokalhelden – Mach dein Ding“ erfolgreich abgeschlossen, bei dem zwei Existenzgründer in bisher leerstehenden Fachwerkgebäuden angesiedelt wurden.
Die Umsetzung bürgerschaftlich getragener Konzepte zur Rettung der historischen Fachwerkstädte gelangt in Bleicherode und Duderstadt gemeinsam mit der Stadt, privaten Projektpartnern und Eigentümern. An historischer Stelle hat im Jahr 2016 in Bleicherode die „FachWerkStadt“ eröffnet – ein temporärer Ort des Dialogs und Ideenschmiede. Parallel wurden ein Stadtentwicklungs- und ein Klimaschutzkonzept erarbeitet. Dem zunehmenden Leerstand begegnen einige Fachwerkstädte mit kreativen Zwischennutzungen. Mit der Idee des Designparcours konnten in Frankfurt Höchst durch kurzzeitige Zwischennutzungen längerfristige Mietverhältnisse angestoßen werden. Andere Städte beschäftigten sich intensiv mit der energetischen Sanierung und der Reduzierung des CO2-Ausstoßes in denkmalgeschützten Fachwerkstädten.
Auch der aktuellen Herausforderung, der Integration von Flüchtlingen zu verantwortlichen „Fachwerkbürgern“, begegnet man in den Fachwerkstädten in bemerkenswerter Weise. Hann. Münden war dabei mit Sprachkursen, Bauberatungen bis hin zum Umbau eines Fachwerk-hauses zur Moschee erfolgreich. In Melsungen wurde auf Initiative der Kreishandwerkerschaft ein Konzept zur Qualifizierung von Migranten oder Geflüchteten im Bereich der Fachwerksanierung entwickelt, verbunden mit der Aussicht auf Wohneigentum in Fachwerkstädten. Erste Pilotkurse mit praktischen Übungen wurden an leerstehenden Fachwerkhäusern erfolgreich durchgeführt, die durch die Kommune oder einen privaten Partner bereitgestellt wurden.