Energiegerechte Stadtentwicklung – Chancen für den Bestand durch energetisch innovative Neubaugebiete
Energieeffiziente Neubaugebiete wurden schon vielfach erfolgreich geplant und realisiert. Wie man die Realisierung eines Neubaugebietes mit der Sanierung eines Bestandsgebietes verknüpft, zeigt die Stadt München.
Ziel des Projekts
Energieeffiziente Neubaugebiete wurden schon vielfach erfolgreich geplant und realisiert. Die Stadt München nimmt die Entwicklung des 190 ha großen Neubaugebietes Freiham Nord für ca. 20000 Einwohner zum Anlass, einen Schritt weiter zu gehen: das benachbarte Wohnquartier Neuaubing aus den 1960er Jahren wird in die Planung einbezogen. Mit dem Ziel einer "energiegerechten Stadtentwicklung" wird die Realisierung des Neubaugebietes mit der Sanierung des Bestandsgebietes verknüpft.
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Aufgabe
Quelle: Hochschule für Technik Stuttgart
Energiegerechte Stadtentwicklung geht über die einseitig energetisch-technische Betrachtung des Gebäudes hinaus. Sie verknüpft bauliche, städtebauliche, ökonomische und soziale Kriterien
Energiegerechte Stadtentwicklung umfasst also mehrere Aspekte: zunächst ist der Energieverbrauch zu reduzieren und auf regenerative Energieträger umzustellen. Weiter soll sie garantieren, dass alle Einwohnergruppen von hohen energetischen Standards profitieren. Steigende Energiepreise drohen das soziale Ungleichgewicht zwischen "Energiegewinnern" in Neubaugebieten und "Energieverlierern" in energetisch veralteten Gebäudebeständen zu verschärfen.
Die gemeinsame energiegerechte Entwicklung von Freiham und Neuaubing soll das Zusammenwachsen der Stadtteile unterstützen und die Bildung einer gemeinsamen Identität fördern. Ein zentraler Bezugspunkt der Stadterweiterung ist das neue Geothermieheiz(kraft)werk in Freiham. Die dort erzeugte regenerative Energie kann über ein Hochtemperaturnetz zunächst das Bestandsgebiet und mit der Restwärme außerdem das Neubaugebiet über ein Niedertemperaturnetz versorgen.
Umsetzung
Quelle: Stadtwerke München GmbH (SWM)
Um die gestellte Aufgabe zu bewältigen, werden die drei Partner, die Landeshauptstadt München, die Stadtwerke München GmbH und das Institut für angewandte Forschung der Hochschule für Technik Stuttgart, eng zusammenarbeiten. Die zentralen Fragestellungen lauten:
- Wo liegen Handlungsfelder einer energiegerechten Stadtentwicklung, anhand welcher Indikatoren lassen sich diese beurteilen?
- Wie hoch sind CO2-Einsparpotentiale im Neubaugebiet und Bestandsquartier, wie lassen sich diese erschließen?
- Wie realisiert man energetisch hohe Standards wirtschaftlich und sozial verträglich?
- Wie können Bestands- und Neubauquartier voneinander profitieren?
- Wie können Städtebau, Nahwärmeversorgung und Energiestandards auf einander abgestimmt werden?
Um diese Fragen zu beantworten, haben Architekten, Stadtplaner, Landschaftsplaner und Sozialwissenschaftler gemeinsam einen gebietsübergreifenden Strategieplan für Freiham und Neuaubing erarbeitet. Es wurden dabei die Aspekte aus Verkehr, Grün, Sozialstruktur, Bildung und Energie miteinander verknüpft und Kriterien einer energiegerechten Stadtentwicklung für die folgenden Planungsebenen formuliert.
Neubaugebiet Freiham:
Auf Basis einer Analyse von Fallbeispielen wurde 2011 ein städtebaulicher Wettbewerb mit energetischen Kriterien ausgelobt. Hierbei war zwischen städtebaulichen Dichte und der optimalen Sonnenenergienutzung das günstigste Verhältnis zu finden. Nun werden die inzwischen vorliegenden Wettbewerbsergebnisse hinsichtlich ihres energetischen Profils geprüft und optimiert. Ein zentraler Baustein der Energieversorgung ist das neue Geothermieheizkraftwerk, das das Bestandgebiet und nachfolgend mit der Restwärme das Neubaugebiet versorgt.
Bestandsgebiet Nauaubing:
Auch hier wurden auf Quartiersebene Erneuerungsstrategien untersucht und energiegerechte Kriterien festgelegt. Dabei stellen Bedarfsszenarien optimale Verhältnisse zwischen Wärmeabnahme (Erdwärme), Sanierungsstandard und Nachverdichtung dar. Die Sanierung soll sozialverträglich erfolgen. Daher werden die geplanten Sanierungsstandards mit ihren Auswirkungen auf die Bewohnerschaft, wie z.B. steigende Mieten, abgewogen.
Viele der erarbeiteten Lösungen werden sowohl für die Bauträger wie auch die späteren Bewohner neu sein. Ein passgenaues Informations- und Beteiligungsverfahren sowie ein Marketingkonzept sollen daher die unterschiedlichen Zielgruppen an die energiegerechte Stadtentwicklung heranführen.