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Soziale Stadt mobil gemacht – Innovative MobilitätsStationen Greifswald

Die Greifswalder Innenstadt, am rechten Bildrand das Projektgebiet Fleischervorstadt Die Greifswalder Innenstadt, am rechten Bildrand das Projektgebiet Fleischervorstadt Die Zukunft des Verkehrs in der Stadt soll umwelt- und klimafreundlich, stadtverträglich, energie- und kosteneffizient sein und die Mobilitätsbedürfnisse ganz unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen erfüllen. Aber wie sollen dafür geeignete und notwendige Angebote konkret ausgestaltet werden? Diese Frage lässt sich ohne die künftigen Nutzer kaum beantworten. In Greifswald entstand unter Beteiligung der Bürgerschaft ein Konzept für vernetzte Mobilitätsdienstleistungen. Foto: Andreas Günther

Ziel des Projekts

Umweltschutz und Senkung des CO2-Ausstoßes, steigende Benzinpreise, städtische Lebensqualität, aber auch sich wandelnde Lebensstile und Mobilitätsbedürfnisse der Menschen werden die Zukunft des Verkehrs in den Städten ganz entscheidend prägen. Für die zentral gelegenen Greifswalder Stadtviertel "Innenstadt" und "Fleischervorstadt" sollten neue Mobilitätsangebote eingerichtet werden. Dazu sollten Bürgerbedarfe und die Akzeptanz für neue Angebote und das gegenwärtige Nutzerverhalten in die Konzeptentwicklung einbezogen werden. Die Bewohner als Experten sollten an der Konzeptentwicklung beteiligt werden, um sicherzustellen, dass nicht am Bedarf vorbei geplant wird.

Aufgabe

Südlich der Greifswalder Altstadt liegt der gründerzeitliche Stadtteil "Fleischervorstadt". Das lange Zeit baulich vernachlässigte Quartier galt noch Anfang der 1990er-Jahre als soziales Problemviertel. Im Zuge vielfältiger Stadterneuerungsmaßnahmen ist die Fleischervorstadt zum beliebten Wohnstandort für junge Familien, Studenten und viele Bürger geworden, die die innerstädtische Lage schätzen. Auch die Innenstadt war Gegenstand umfassender Sanierungsmaßnahmen und erfreut sich heute wieder einer großen Nachfrage. Mit dem Zuzug vieler neuer Bewohner und der nach wie vor hohen Affinität zum eigenen PKW hat vor allem die Überlastung der engen Straßen durch den ruhenden Autoverkehr stark zugenommen. Auf der anderen Seite verzichten bereits einige Bewohner aus freiwilligen oder finanziellen Gründen auf das eigene Auto. Das Mobilitätskonzept für das Quartier nahm diese Ausgangslage zum Anlass für Ansätze, die Mobilität und damit soziale Teilhabe aller Bewohnergruppen fördern, Beiträge zum Umwelt- und Klimaschutz leisten und die Attraktivität und Lebensqualität der beiden Stadtquartiere erhalten und erhöhen.

Im Konzept werden neuartige Mobilitätsformen, bei denen der klassische Umweltverbund (Fußgänger-, Fahrrad- und öffentlicher Verkehr) mit neuen Mobilitätsdienstleistungen (Carsharing, Bikesharing, Radstation, Mobilitätskarte) als Gegenentwurf zum motorisierten Individualverkehr vorgeschlagen. Die so vernetzten Mobilitätsdienstleistungen sollen in den Quartieren in Form von "MobilitätsStationen" etabliert werden. Hierzu wurde im Rahmen des Pilotprojektes ein Beteiligungsverfahren durchgeführt, mit dem das Interesse der Bürger an solchen Mobilitätsangeboten aufgenommen und mögliche Standorte und konkrete Maßnahmen diskutiert wurden. In diesem Sinne ist Bürgerbeteiligung Teil der Machbarkeitsstudie, um nicht am Nutzer vorbeizuplanen. Zugleich ging es um die allgemeine Sensibilisierung für eine umweltfreundliche Verkehrsentwicklung und die Diskussion grundsätzlicher Fragen zu Klimawandel, Stadtentwicklung und Mobilität mit den Bürgern.

Umsetzung

Das Beteiligungsverfahren wurde vom Stadtbauamt, Abteilung für Umwelt- und Naturschutz der Hansestadt Greifswald initiiert. Der Verkehrsbetrieb Greifswald GmbH als Betreiber des ÖPNV und einer der wichtigsten Partner der praktischen Umsetzung, die Wohnungsbau-Genossenschaft Greifswald eG und die Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft mbH Greifswald als größte Immobilieneigentümer, das Institut für Geographie und Geologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald für die wissenschaftliche Begleitung und das Quartiersmanagement Fleischervorstadt als Schlüsselakteur der Quartiersentwicklung und Bindeglied zu den Bürgern konnten als Partner gewonnen werden. Zusätzliches Know-how kam vom Technologienzentrum Vorpommern und von den Partnerstädten Osnabrück und Lund (Schweden), welche bereits über Carsharing-Angebote und Radstationen verfügen.

Die Bürgerbeteiligung setzte auf zwei klassische Verfahren: Ein wichtiger Baustein war eine Veranstaltungsreihe, die Informationsgrundlagen vermittelt hat und in Workshop-Formaten Angebote und Standortplanungen konkretisieren konnte. Mit einer großen Abschlussveranstaltung im Rahmen des Klima-Aktionstags wurden Projektergebnisse der Stadtöffentlichkeit vorgestellt. In der Startphase wurde zudem eine vollständige, schriftliche Haushaltsbefragung zu diesem Thema durchgeführt. Der Rücklauf betrug 13 %, angesichts des Nischenthemas durchaus beachtlich. Auch diese altbewährten Beteiligungsmethoden haben auch im Social-Media-Zeitalter nach wie vor ihre Berechtigung.

Die Resonanz der Bürger war nicht nur von den Teilnehmerzahlen her sehr positiv, sondern ergab auch eine große Unterstützung für neue Carsharing-Modelle, Elektromobilität oder Leihfahrradstationen. Die Stadtverwaltung wurde somit durch die Beteiligung ermutigt die Konzepte weiter zu verfolgen. Weil das Projekt auch überörtlich für Aufmerksamkeit sorgte, konnten zudem drei Partner aus der Privatwirtschaft gewonnen werden, die Aufbau und Betrieb von Carsharing-Angeboten und eines Leihfahrradsystems übernehmen möchten. Ab 2014 könnten die Leihfahrzeuge bereits rollen. Im weiteren Prozess wird es vor allem darauf ankommen, die in der Beteiligung abgestimmten Standort-Präferenzen der Bürger für die Leihstationen in die Planung aufzunehmen.

Karte mit Standortvorschlägen aus der Bürgerbeteiligung Standortvorschläge aus der Bürgerbeteiligung Standortvorschläge aus der Bürgerbeteiligung Quelle: Universitäts- und Hansestadt Greifswald

Fazit

War das Greifswalder Projekt eher eine echte Bürgerbeteiligung, eine Bestandsaufnahme im Rahmen einer Machbarkeitsstudie oder fast schon Marktforschung? So genau lässt es sich nicht einordnen. Tatsächlich hat das Verfahren von Beginn an eine hohe Umsetzungswirkung entfaltet: Hätte die Bürgerbefragung eher eine geringere Nachfrage nach gemeinschaftlich genutzten Mobilitätsangeboten ergeben, wäre das Konzept sicher schnell in der Schublade verschwunden. In diesem Fall hat die Stadtverwaltung jedoch Planungssicherheit gewonnen und konnte auch die privaten Betreiber bereits überzeugen. Die Bürgerbeteiligung hat hier durchaus dazu beigetragen, eine Projektentwicklung zu beschleunigen.

Zusatzinformationen

Projektträger

  • Universitäts- und Hansestadt Greifswald

Ansprechpartner

  • Universitäts- und Hansestadt Greifswald
    Stadtbauamt, Abt. Umwelt und Naturschutz
    Mendelejewweg 17 17491 Greifswald
  • Quartiersbüro Fleischervorstadt
    Bahnhofstraße 16 17489 Greifswald
  • Telefon: 03834 7983112
  • Verkehrsbetrieb Greifswald GmbH
    Gützkower Landstr. 19-21 17489 Greifswald
  • Telefon: 03834 530
  • Wohnungsbau-Genossenschaft Greifswald eG
    Franz-Mehring-Straße 60 17489 Greifswald
  • Telefon: 03834 552804
  • Steinbeis Transferzentrum
    Freizeit-, Tourismus- und Regionalforschung am Institut für Geographie und Geologie der Universität Greifswald
    Makarenkostr. 22 17487 Greifswald
  • Telefon: 03834 864540

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