Initiative ergreifen – Impulse für zivilgesellschaftliches Engagement in Nachbarschaft, Stadt und Region
Wie können bürgerschaftlich-zivilgesellschaftliche Initiativen Verantwortung für die Anliegen der Stadterneuerung und Stadtentwicklung übernehmen und so dabei helfen, unsere Städte lebenswert, lebendig und zukunftsfähig zu gestalten? Das Projekt hat dafür Wege aufgezeigt.
Ziel des Projekts
Das Projekt zeigt, wie bürgerschaftlich-zivilgesellschaftliche Initiativen Verantwortung für die Anliegen der Stadterneuerung und Stadtentwicklung übernehmen und so dabei helfen, unsere Städte lebenswert, lebendig und zukunftsfähig zu gestalten.
Aufgabe
Quelle: Schwabehaus e.V., Tom Fischer
Viele Kommunen in Regionen im Strukturwandel müssen ihre Städte angesichts des demografischen Wandels radikal umbauen. Eine besondere, bislang in diesem Zusammenhang kaum beachtete Ressource sind bürgerschaftliche Initiativen, die sich etwa für leer stehende Gebäude oder verfallene Räume verantwortlich fühlen und sich auf diese Weise für öffentliche Anliegen in ihren Städten engagieren. Neue Partnerschaften von Kommunen und Initiativen bündeln Kräfte, so dass die Akteure gemeinsam einen Beitrag für Stadterneuerung, Nachbarschafts- und Stadtentwicklung leisten. Das Projekt sollte Wege aufzeigen, wie die Potenziale bürgerschaftlichen Engagements unter den besonderen Bedingungen ostdeutscher Kommunen nutzbar gemacht werden können
Umsetzung
Quelle: Schwabehaus e.V., Tom Fischer
Anhand von konkreten Projekten in Sachsen-Anhalt und Brandenburg wurden Instrumente und Erfahrungen eines professionellen Projektcoachings zur Initiierung und Unterstützung solch bürgerschaftlich-zivilgesellschaftlicher Initiativen erprobt. Dabei wurden in allen Phasen Erfahrungen genutzt, die mit dem NRW-Förderprogramm "Initiative ergreifen" gemacht wurden.
Im Frühjahr 2008 wurden vier Projektinitiativen in Sachsen-Anhalt und Brandenburg ausgewählt, die bei der Erarbeitung der Projektkonzepte beraten und begleitet wurden. Dies sind die Alte Bäckerei des Schwabehaus-Vereins in Dessau, das Vereinshaus DomiZiel in Lauchhammer, das soziokulturelle Zentrum "Bunte Welt" in Cottbus und das Peißnitzhaus in Halle. Bei den Projekten geht es um Erhalt, Sicherung und Wiederherstellung städtebaulich und historisch wertvoller Gebäude sowie um deren (Wieder-)Nutzung und Betrieb. Die Konzepte sehen eine Mischung aus Gewerbe und Büros, Gastronomie, sozialen und kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen vor.
Anhand dieser konkreten Projekte wurden Instrumente und Erfahrungen eines professionellen Projektcoachings zur Initiierung und Unterstützung solch bürgerschaftlich-zivilgesellschaftlicher Initiativen erprobt.
Ziel war die Erarbeitung tragfähiger Konzepte mit den Bausteinen Projektkonzept und -ziele, Trägerschaftsmodell, Bauen und Kosten, Betrieb sowie Finanzierung und Wirtschaftlichkeit.
Die Projektpartner veranstalteten vier Workshops, in denen die Initiativen den Stand ihrer Projekte diskutieren konnten. Besonders die Trägerschaftsmodelle waren zu beschreiben und belastbare Wirtschaftlichkeitsmodelle zu erarbeiten. Zudem fanden Gespräche mit den Ländern und Kommunen zu Umsetzungs- und Förderperspektiven statt.
Schließlich sollten Handlungsempfehlungen formuliert werden, um die während des Vorhabens gewonnenen Erfahrungen auf andere ostdeutsche Kommunen übertragen zu können. Dabei spielten folgende Aspekte eine zentrale Rolle:
- Förderansätze im Bereich bauliches Investment und betrieblicher Aufbau
- Trägerschaftsmodelle
- Mobilisierung von Eigenanteilen und Eigenkapitalersatz
- Partnerschaften von bürgerschaftlichen Projektträgern, Kommunen, Wirtschaft
- der Einordnungen in integrierte Handlungsprogramme zur Stadtentwicklung
- Strukturen von Beraten-Qualifizieren-Begleiten.
Auf Basis der Erfahrungen wurde ein Modell "Initiative ergreifen" für Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern erarbeitet.
Fazit
Gerade in Ostdeutschland, wo zahlreiche Gebäude leerstehen, wertvolle Bausubstanz dem Verfall preisgegeben ist und viele Städte einen Funktionsverlust zu verzeichnen haben, sind bürgerschaftliche Initiativen, die sich für den Erhalt und die Wiedernutzung von Gebäuden einsetzen, eine wichtige Ressource. Dabei wird deutlich, dass bürgerschaftlich getragene kleinere und mittlere Infrastrukturprojekte in Stadterneuerung und Stadt(teil)entwicklung Unterstützung benötigen, konkret bei der inhaltlichen, baulichen und finanziellen Qualifizierung, der Erarbeitung eines belastbaren Träger-, Betriebs- und Wirtschaftlichkeitskonzepts sowie bei der Begleitung bis in den Betrieb hinein. Daher sollte eine Stelle eingebunden sein, die Kontakte besonders zu den Ministerien herstellt, zwischen den Ebenen sowie den Projektträgern vermittelt, Moderator, Ideen- und Impulsgeber ist und die Projektträger bzw. -initiativen beim internen Projektaufbau unterstützt.
Eine wichtige Frage bei derartigen Projekten ist die nach der geeigneten bürgerschaftlichen Trägerschaft. Dabei ist zwischen Eigentum, Bauen und Betrieb zu unterscheiden. Die einfachste Rechtsform ist der Verein (e.V.). In Dessau vereint ein Trägerverein alle drei Verantwortungen. Bei den übrigen drei Projekten bietet sich an, dass die Kommune Eigentümerin der Gebäude bleibt und bei ihr eine langfristige Mitgestaltungsverantwortung verbleibt. Die Bauverantwortung richtet sich nach den Fähigkeiten des Trägers bzw. der Projektinitiatoren. So kommt es z.B. auch auf die Möglichkeiten und Fähigkeiten zur baulichen Selbsthilfe an. Alle vier Projekte haben gemeinsam, dass sie die Betreiberverantwortung übernehmen. Unabhängig davon, ob Eigentum, Bauen und Betrieb in unterschiedlicher Verantwortung liegen, müssen diese immer als Gesamtheit gesehen werden.
Unerlässlich ist zudem zweierlei: die inhaltliche und politische Unterstützung der Kommune als Motor und die Partnerschaft zwischen Kommune und bürgerschaftlicher Initiative. Die Impulse und Effekte bürgerschaftlicher Projekte sind dann besonders groß, wenn die Projekte nicht nur aus dem Blickwinkel engagierter Bürger, sondern auch aus der Sicht der Städte kommunale oder auch regionale Ziele unterstützen.
Mit den Programmen "Soziale Stadt" bzw. "Stadtumbau Ost" sind ausreichend Förderkulissen in den ostdeutschen Städten gegeben, so dass sich der grundsätzlich übertragbare programmatische Ansatz von "Initiative ergreifen" einweben ließe. Dies bedürfte jedoch in den Ländern der Klärung verschiedener rechtlicher Fragen bzw. Förderbestimmungen.