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In der südlichen Bremer Innenstadt entstand in den Jahren 2000-2001 aus einer Fraueninitiative ein großes Neubauprojekt. Es ist ausdrücklich dem generationenübergreifenden und gemeinschaftsorientierten Leben und Arbeiten von (Single-)Frauen mit und ohne Kindern verpflichtet.
Kontext
Quelle: Beginenhof e.V., Bremen
Im Jahr 1997 gründete eine Bremer Frauen-Initiative den Verein Bremer Beginenhof Modell e.V., mit dem Ziel, entsprechend dem Beispiel der Beginenhöfe im 13. und 14. Jahrhundert, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften von Frauen aller Alterstufen zu etablieren.
Im Bremer Stadtteil Neustadt, einem hochverdichteten Quartier in unmittelbarer Nähe des Werdersees mit Grünflächen und Sportanlagen, stand eine von drei Seiten erschlossene, langgestreckte Gewerbebrachfläche von 6.000 qm zur Wiedernutzung zur Verfügung.
Ab 1998 wurde der städtebauliche und architektonische Entwurf von der Architektin Alexandra Czerner, Hamburg und Mitgliedern des Vereines erarbeitet. Es entstand ein Ensemble aus vier 3-geschossigen Baukörpern, die einen Hof und einen öffentlichen Platz umschließen.
In drei Gebäuderiegeln sind insgesamt 85 Wohnungen mit einheitlichem Standard und teilweise mit veränderbaren Grundrissen errichtet worden. Sie wurden je zu einem Drittel als Sozialwohnungen, Miet- oder Eigentumswohnungen konzipiert. Alle Wohneinheiten sind über Aufzüge und Laubengänge erschlossen, haben Balkon oder Loggia und eine zweiseitige Belichtung. Seit Juni 2001 leben dort etwa 70 Frauen, 30 Kinder und Jugendliche in einer gemeinschaftlichen Wohnform, die eine Ergänzung oder den Ersatz von traditionellen Familienstrukturen bieten soll. Die Initiatorinnen nennen dies „Wahlverwandtschaft“.
Im sogenannten „Turm“ und in den Erdgeschossen sind Gewerbeflächen entstanden: Büros, Praxen und Ladenlokale. NutzerInnen sind zum Beispiel: Gesundheitszentrum mit Fitness-Studio, Bioladen, Zahnärztin, Rechtsanwalt. Inzwischen gibt es auch eine Hebammenpraxis und einen Lern- und Förderverein für SchülerInnen. Es wurden bisher ca. 20 Arbeitsplätze geschaffen.
Der vierte Baukörper beherbergt seit Juli 2003 einen Kindergarten für 40 Kinder. Die sozialen und gewerblichen Einrichtungen des Beginenhofes richten sich ausdrücklich auch an die Nachbarschaft und ergänzen das Angebotsspektrum des Stadtteils.
Von den BewohnerInnen wurde schon frühzeitig ein „Arbeitskreis Mobilität“ gegründet, der sich auf unterschiedlichen Ebenen für „weitgehende Autofreiheit“ des Projektes und Förderung des öffentlichen Verkehrs einsetzt.
Trotz zwischenzeitlich eingetretener Finanzschwierigkeiten durch den Wegfall von Fördermitteln wurde der ambitionierte Projektansatz fortgeführt und ein Finanzkonzept erarbeitet.
Seit dem 1.1.2009 ist das Insolvenzverfahren beendet. Vierzig Wohnungen wurden von Frauen gekauft. Die übrigen 45 Wohnungen wurden von der GEWOBA AG gekauft und werden von ihr vermietet. Selbst die Gewerbeflächen sind zum Teil Privateigentum und zum Teil verpachtet.
Dieses Projekt reagiert auf die steigende Nachfrage von allein stehenden, berufstätigen Frauen nach bedarfsgerechten Wohnformen. Der Beginenhof bietet Wohnungen und Gewerberäume, die das Spektrum des Innenstadt-Quartiers um wichtige Elemente erweitern. Der starke Nachbarschaftsgedanke öffnet Wohn-Perspektiven jenseits traditioneller (Familien-)Strukturen und ermöglicht ein generationenübergreifendes Zusammenleben in einer Hausgemeinschaft.
Czerner, A.; Riemer-Noltenius, E. (2001): Das Bremer Beginenhof Modell. In: Das Bauzentrum / Baukultur. Über einen Wandel im Wohnen. (Heft 3/2001). o. O.
Riemer-Noltenius, E. (2001): Offen und eigenständig - das Bremer Beginenhof Modell. In: Wohnbund e.V. Baukunst - Baukultur. Die Ästhetik der Partizipation. (Wohnbund Informationen 4/2001). München (Lageplan und Foto 4)