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Nationale Stadtentwicklungspolitik

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Essen „Weststadt“

Auf dem ehemaligen Betriebsgelände der AEG-Kanis-Werke entsteht ein Stadtquartier mit funktionaler, sozialer und baulicher Vielfalt. Das Quartierskonzept basiert auf einer prozentualen Festlegung der Nutzungsarten.

Kontext

Blick auf einen Park Quelle: Robert Schmell, BBSR im BBR

Im Jahr 1988 bot sich in Essen (574.000 Einwohner, Stand 2010) nach der Betriebsverlagerung der AEG-Kanis die Chance, eine innerstädtische Industriebrache für eine komplette Neuordnung des 10,8 Hektar großen Areals zu nutzen. Die Fläche wurde ehemals von der Firma Krupp als Stahlstandort, nach dem Krieg von der AEG-Kanis zur Gasturbinenproduktion genutzt und liegt westlich in direkter Nachbarschaft zur Essener Innenstadt.

An die Entwicklung der Industriebrache waren von Beginn an besondere Anforderungen geknüpft. Die Fläche befindet sich in einem Stadtteil mit Standortnachteilen. Dazu gehören eine unzureichende Verkehrsanbindung an das Essener Stadtzentrum sowie verschiedene städtebauliche Mängel. Diese schwierigen Rahmenbedingungen erforderten insbesondere eine durchdachte Vermarktungsstrategie.

Das Projekt ist von 1996 bis 1999 als Modellvorhaben im Forschungsfeld „Nutzungsmischung im Städtebau“ im Bundesforschungsprogramm „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt) gefördert und ausgewertet worden.

Projektbeschreibung

Blick auf Wohngebäude Quelle: Robert Schmell, BBSR im BBR

Seit 1995 wird auf der ehemaligen Industriebrache ein hochwertiges Stadtquartier durch Mischung unterschiedlicher Funktionen entwickelt. Das Projekt wurde für ca. 600 - 1.000 Bewohner und etwa 2.700 Arbeitsplätze geplant. Die 18 Grundstücke (Baublöcke) sind verkauft, bis auf ein Grundstück sind alle inzwischen abschließend bebaut. Bis heute wurden rund 1.500 neue Arbeitsplätze geschaffen. Grundlage der gesamten Entwicklung ist ein Entwicklungskonzept, das zu Beginn des Planungsprozesses interdisziplinär erarbeitet wurde und städtebauliche sowie nutzungsbezogene Ziele formuliert. Dieses Konzept wurde Bestandteil des Kaufvertrages zwischen der Stadt und der Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen GmbH (LEG), die als Flächeneigentümerin zugleich die Verantwortung für die Entwicklung und Vermarktung des Geländes übernommen hat. Im Rahmen eines Kooperationsvertrages wurde die LEG durch die Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (EWG) unterstützt, die insbesondere die Abstimmung mit der Stadt koordinierte. Diese ist wiederum für die Realisierung der planungs- und genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen zuständig.

Die Planungsziele wurden in einem längeren Prozess offen und konsensorientiert diskutiert. Ergebnis zahlreicher Workshops und Expertenrunden: Auf der Brachfläche sollte eine innenstadtbezogene Mischung hochwertiger Nutzungen realisiert werden. Die Planungsdiskussionen mündeten 1994 in ein Nutzungskonzept, das die Anteile einzelner Nutzungen auf Blockebene prozentual festlegte und zugleich die Vorgabe für einen städtebaulichen Wettbewerb bildete.

Fußgängerbrücke zum Parkhaus Quelle: Robert Schmell, BBSR im BBR

Die Mischung in der Essener Weststadt umfasst funktionale, bauliche und soziale Aspekte: Auf funktionaler Ebene erfolgt eine Mischung von Wohnen, Arbeiten, Versorgung und Freizeit. Baulich wird ein Nebeneinander unterschiedlicher Baukörper, Gebäudetypen und vielfältiger Architekturformen angestrebt. Die soziale Mischung schließlich umfasst unterschiedliche Haushalts- und Lebensstiltypen. Um einen zentralen, grünen Platz gruppieren sich zwei Ringe von Baublöcken. Unmittelbar an den Platz angrenzend ist überwiegend Wohn- und Freizeitnutzung vorgesehen, daran anschließend befinden sich gewerbliche Nutzungen. Bezogen auf die gesamte Baufläche wurde ein Nutzungsmix aus 23 % Wohnen, 31 % Gewerbe, 15 % Verwaltung/Dienstleistungen, 8 % Handel, 15 % Freizeit und 8 % Hotel projektiert. So wie es sich heute darstellt, gibt es nachfragebedingt an Stelle der gewerblichen Nutzungen überwiegend Verwaltung bzw. Dienstleistungen.

Den Auftakt für die Quartiersentwicklung machte das Musical-Theater COLOSSEUM in der unter Denkmalschutz stehenden, ehemaligen „VIII. mechanischen Werkstätte der Friedr. Krupp Werke“. Die im Jahr 1900 errichtete imposante Backsteinhalle wurde zwischen Mai 1995 und Dezember 1996 denkmalgerecht umgebaut, sie verleiht dem neuen Stadtteil ein unverwechselbares Entree. Das zweite Schlüsselprojekt innerhalb der Fläche war der grüne Platz, um den sich der innere Bebauungsring mit Hotel, Wohnungen und Büros gruppiert. Er war sehr früh fertiggestellt, so dass er dem neuen Stadtquartier bei potenziellen Investoren und künftigen Nutzern sehr viel Sympathie eingebracht hat.

Solche Impulsprojekte fungieren als Motor der Gebietsentwicklung, der die Vermarktung der gesamten Fläche antreibt.

Projektchronologie

JahrEreignis
Januar 1993Auftaktworkshop
Juli 1994Grunderwerb durch LEG, Nutzungskonzept
Frühjahr 1995Städtebaulicher Ideenwettbewerb, städtebauliches Entwicklungskonzept
1995-1997Aufbereitung und Erschließung des Areals
Frühjahr 1996Vermarktungskonzept, Umbenennung des Quartiers in Weststadt
Juni 1995-Dezember 1996Umbau der VIII. Mechanischen Werkstatt (Denkmalschutz) zum Musical-Theater Colosseum
1996-1999Teilnahme am ExWoSt-Forschungsfeld „Nutzungsmischung im Städtebau“
Juni 1997Satzungsbeschluss Bebauungsplan
März 1998Fertigstellung Smart-Center
Juli 1998Baubeginn Block A 3
November 1998Eröffnung des Zentrums für Türkeistudien in der denkmalgeschützten ehemaligen Geschossdreherei (Block A 4)
2003-2012Vermarktung und Bebauung aller Restflächen bis auf ein Baugrundstück
2015Abschluss Bebauungsplanverfahren für „weststadt“ III

Ziele

Außenansicht des Musical-Theaters Colosseum Quelle: Robert Schmell, BBSR im BBR

  • Reaktivierung einer innerstädtischen Brachfläche
  • Entwicklung eines hochwertigen, lebendigen Quartiers unter Einbeziehung denkmalgeschützter Altbausubstanz
  • Innenstadtbezogene Mischung hochwertiger Nutzungen
  • Umsetzung städtebaulicher Konzepte zur Nutzungsmischung durch innovative Verfahren
  • Nutzungskonzept mit prozentualer Festlegung der Anteile einzelner Nutzungen
  • Effektives Projektmanagement durch ein kleines Team mit weitgehenden Entscheidungsbefugnissen

Maßnahmen

  • Bebauungsplan
  • Städtebaulicher Vertrag
  • Vermarktungskonzept
  • Projektteam
  • Kooperativer Ansatz in privat-öffentlicher Partnerschaft

Innovationen

Innenansicht des Musical-Theaters Colosseum Quelle: Robert Schmell, BBSR im BBR

Basis für die zügige Realisierung des Projektes war eine intensive Kooperation in privat-öffentlicher Partnerschaft zwischen LEG und der Stadt Essen, vertreten durch die EWG. Die Stadt hatte den Vorteil einer raschen Entwicklung des Geländes, die LEG profitierte von der zügigen Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Veräußerung der Grundstücke. Erfolgsfördernd ist das effektive Projektmanagement in einem Team vor Ort, das mit entscheidungsbefugten Vertretern aus LEG und EWG zusammengesetzt ist. Diese Konstellation ermöglicht kurze Entscheidungswege.

Die Vermarktung des Geländes baut auf Schlüsselprojekte, die hohe Bedeutung für die Wiederbelebung der Industriebrache haben und als Motor der Gebietsentwicklung dienen. Die Vermarktungsstrategie setzt am Image des Stadtteils als „Erlebnisstadt“ an.

Quellen

  • BBR (Auftraggeber), FIRU GmbH (Auftragnehmer): Querauswertung von ExWoSt-Modellvorhaben zum Flächenrecycling, 2004 http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/2004undFrueher/FlaecheImKreis/BilderDownloads/QuerauswertungExWoSt.pdf?__blob=publicationFile&v=3
  • Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen und Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (Hrsg.): Weststadt – ein lebendiges „Quartier“ entsteht. Dokumentation AEG-Kanis Essen. – Essen 1996
  • Tappe, U.: Kommentar aus Sicht des Modellvorhabens Essen AEG-Kanis. In: ExWoSt-Informationen zum Forschungsfeld „Nutzungsmischung im Städtebau“ Nr. 19.4 (1997), S. 13-16
  • Odenthal, J.; Tappe, U.: Die neue Weststadt in Essen mit dem Musical-Theater Colosseum. In: BrachFlächenRecycling (1998) 1, S. 14-21
  • Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): www. werkstatt-stadt. de, Innovative Beispiele aus dem Experimentellen Wohnungs- und Städtebau, Berlin 2000
  • Nutzungsmischung im Städtebau. In: Werkstatt: Praxis Nr. 2/2000
  • http://www.leg-nrw.de

Weiterführendes

Projektstandort auf Google-Maps: https://goo.gl/maps/9BnwoaLnGbN2

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 45127 - Ort: Essen - Straße: Thea-Leymann-Straße.

Letzte Änderung: 11.04.2017