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Die Rieselfeldfläche war komplett Eigentum der Stadt und diente über 100 Jahre der Abwasserreinigung. Nach kontroversen Diskussionen und unter dem Druck einer großen Wohnungsnachfrage entstand dort seit 1995 ein neuer Stadtteil.
Heute ist Rieselfeld ein lebendiger und attraktiver Stadtteil für junge und alte Menschen, Familien und Alleinstehende, Mieter und Eigentümer.
Dieses Projekt befindet sich im Archiv. Die Projektdaten werden nicht mehr aktualisiert.
Kontext
Quelle: Projektgruppe Rieselfeld, Stadt Freiburg
Im Februar 1991 beschloss der Freiburger Stadtrat angesichts einer großen Wohnungsnachfrage (über 8.000 Haushalte), im östlichen Teil des Rieselfelds rund 70 Hektar für einen neuen Stadtteil mit 12.000 Menschen freizugeben. Die Rieselfeldfläche am westlichen Stadtrand Freiburgs diente über 100 Jahre der städtischen Abwasserreinigung und wurde nach langwierigen und kontroversen Diskussionen ausgewählt, nicht zuletzt weil sie komplett im Eigentum der Stadt war.
Ziel des Projektes war ein urbaner Stadtteil mit vielfältiger Nutzungsmischung und hohen ökologischen Qualitäten. Die Planungen sahen rund 4.200 Wohneinheiten, etwa 1.000 Arbeitsplätze und die dazugehörigen Infrastruktureinrichtungen vor.
Das Projekt ist von 1994 bis 1999 als Modellvorhaben im Forschungsfeld „Schadstoffminderung im Städtebau“ im Bundesforschungsprogramm „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt) gefördert und ausgewertet worden.
Die Stadt Freiburg befasste sich bereits seit Jahren intensiv mit den Zusammenhängen zwischen Stadtentwicklung und Energieversorgung. Folglich spielten der Klimaschutz und die Reduzierung der Kohlendioxydemissionen bei der Entwicklung des neuen Stadtteils Rieselfeld eine zentrale Rolle. Schon der städtebauliche und landschaftsplanerische Ideenwettbewerb im Jahr 1991 gab die Reduzierung von Luftschadstoffen und klimarelevanter Treibhausgase als wichtige Aufgabenstellung vor.
Das Rieselfeld zeichnet sich durch ein umfassendes Konzept zur Schadstoffminderung aus, das über energetische Aspekte hinaus auch verkehrliche Maßnahmen umfasst. Ein wichtiger Baustein im Energiebereich ist eine dichte Bebauung mit kompakten Bauformen. Die durchschnittliche Geschossflächenzahl liegt bei 1,2. Die Siedlungsstruktur ist durch drei- bis fünfgeschossige Baukörper in Blockrandbebauung und Zeilenbauweise gekennzeichnet.
Maßgeblichen Anteil an der Reduzierung von Kohlendioxidemissionen hat die Niedrigenergiebauweise. Alle Gebäude müssen mit einer Energiekennzahl von 65 kWh/m²/a oder weniger errichtet werden. Damit wurden die Vorgaben der seinerzeitigen Wärmeschutzverordnung um mehr als 20 Prozent unterschritten. Zur besseren passiven und aktiven Solarenergienutzung sind etwa 70 Prozent der Gebäude nach Süden bzw. Südwesten ausgerichtet. Durch die geschickte Anordnung der Baukörper und breite Straßenräume ist die gegenseitige Verschattung stark begrenzt. Die Fensterflächenanteile sind an der Südfassade maximiert, an der Nordfassade dagegen minimiert. Flache bzw. flach geneigte Dächer bieten gute Voraussetzungen zur aktiven Solarenergienutzung. Durch den Anschluss an das Heizkraftwerk Weingarten wurde im Rieselfeld ein effizientes Nahwärmesystem aufgebaut. Nicht zuletzt wurden auch Stromsparmaßnahmen durchgeführt. So sind Photovoltaikanlagen von den Bauträgern realisiert worden.
Das Verkehrskonzept räumt den umweltfreundlichen Verkehrsarten absolute Priorität ein. Zu den wesentlichen Maßnahmen zählen unter anderen das Zusammenbringen von Wohnen und Arbeiten, das Verkehre vermeidet und Schadstoffe einspart ("Stadt der kurzen Wege"). Bedeutend war der frühzeitige Bau der Stadtbahn mit drei Haltestellen. Sie führt auf der Rieselfeldallee zentral durch das neue Quartier und nahm bereits im September 1997 - ein Jahr nach Bezug der ersten Wohnungen - ihren Betrieb auf. Das Verkehrskonzept umfasst auch ein engmaschiges Fuß- und Radwegenetz mit sicheren und attraktiven Wegen. Zur Reduzierung der Verkehrsgeschwindigkeit gilt im gesamten Stadtteil Tempo 30. Zusätzlich wurden Spielstraßen eingerichtet.
Die Umsetzung der genannten Maßnahmen erforderte ein hohes Maß an Kommunikation unter allen beteiligten Akteuren. Die frühzeitige Information und Mitwirkung der Bewohner hat die Akzeptanz des Projektes erheblich gefördert.
Das Projekt Freiburg-Rieselfeld leistet mit der konsequenten Umsetzung schadstoffmindernder Maßnahmen einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz im Städtebau. Im Vergleich zu konventionellen Stadtteilen ist im Rieselfeld eine Reduzierung der Kohlendioxydemissionen von 40 Prozent und mehr möglich.
Wegweisend war der Beschluss des Gemeinderates von 1992, der die Niedrigenergiebauweise beim Verkauf städtischer Grundstücke verbindlich vorschreibt. Ein intensiver kommunikativer Prozess zwischen der Projektgruppe Rieselfeld, den Fachingenieuren und der Bauwirtschaft gemäß dem Motto „Kommunikation statt Sanktion“ trug maßgeblich zu den guten Ergebnissen bei.
Entscheidend für die Schadstoffreduzierung waren der Anschluss an das Heizkraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung und die frühzeitige Realisierung der Stadtbahn. Mittel- und langfristig bietet die verstärkte Nutzung von Solarenergie ein weiteres erhebliches Minderungspotential.
Nach anfänglichen Bedenken gegenüber den Maßnahmen zur Schadstoffminderung ist es in Freiburg gelungen, eine positive Grundstimmung in der Öffentlichkeit und bei den Investoren zu erzeugen. Niedrigenergiebauweise ist inzwischen längst zu einem Verkaufsargument geworden.
Stadt Freiburg im Breisgau (Hrsg.): Wo Freiburg weiter wächst – Dokumentation, Freiburg 2002
Schelkes, R.; Schüle, R.: Freiburg-Rieselfeld: Hohe Ansprüche und ihre Umsetzungserfolge. In: Informationen zur Raumentwicklung, Bonn (1997) Heft 4/5, S. 339-347
Schadstoffminimierung im Städtebau. Modellvorhaben Neubausiedlung Rieselfeld der Stadt Freiburg i.Br.
Stadt Freiburg im Breisgau (Hrsg.): Niedrigenergiebauweise in Freiburg. –Freiburg 1996
Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (Hrsg.): ExWoSt-Informationen zum Forschungsfeld „Schadstoffminimierung im Städtebau“ – Nr. 14.4 (1995)