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Jahrzehntelang wurde das Altbaugebiet entlang der Magistrale vernachlässigt, - die Folgen: marode Bausubstanz, leerstehende Gebäude, unwirtliche Frei- und Verkehrsräume. Diese Missstände werden nunmehr mit einem integrierten Stadterneuerungsansatz sukzessive überwunden. Dabei spielt das „Magistralenmanagement“ mit lokalen Akteuren eine Schlüsselrolle. Im Mittelpunkt stehen Nutzungsvielfalt, Stärkung der Wohnfunktion und Verbesserung der sozialen Infrastruktur für verschiedene Zielgruppen.
Kontext
Quelle: Plan und Praxis GbR 2017, Kartengrundlage: OpenStreetMap, veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0
Das Gebiet entlang der Georg-Schwarz-Straße ist gleichsam ein straßenbegleitendes Stadtteilzentrum im Westen der Stadt Leipzig (ca. 545.000 EW, 2014). Die so genannte Magistrale erstreckt sich zwischen den Ortsteilen Leutzsch im Nordwesten und Alt-Lindenau im Südosten. Der circa 2,3 Kilometer lange Straßenabschnitt weist in Alt-Lindenau einen engen Straßenraum mit vier- bis fünfgeschossiger Blockrandbebauung aus der Zeit um 1900 auf. In Leutzsch ist der Straßenraum großzügiger. Dort ist das Gebiet durch eine Trennung von Wohnen und Industrie, kleine Villenviertel und Wohnsiedlungen der 1920er und 1930er Jahre charakterisiert. In diesem Bereich befinden sich auch Baulücken über mehrere Grundstücke. Die Hauptverkehrsstraße wird stark durch den motorisierten Individualverkehr (MIV) und die Straßenbahn genutzt.
Die Nutzungsstruktur ist durch Ladenlokale in den Erdgeschossen und Wohnungen in den Obergeschossen geprägt. In den Ladenlokalen gibt es zum Teil „alt eingesessene“ Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe. Teils haben sich inhabergeführte Läden aus dem Kreativbereich angesiedelt. Im Gastronomiebereich zeigt sich eine dynamische Fluktuation.
Das Stadtteilzentrum war Anfang der 1990er Jahre durch erhebliche Vernachlässigung der Gebäudesubstanz und des öffentlichen Raums sowie durch Leerstände und Funktionsverluste gekennzeichnet. Der Wohnungsleerstand lag im Jahr 2011 immerhin bei 42 %. Die starke Verkehrsnutzung der Magistrale bringt Erschütterungen sowie eine hohe Lärm- und Abgasbelastung mit sich.
Diverse Planwerke dienen dazu, das Stadtteilzentrum rund um die Georg-Schwarz-Straße zu stärken. Diesem Ansatz liegt das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (SEKo) „Leipzig 2020“ als stadtweite, ämterübergreifende Gesamtstrategie zugrunde. Die Georg-Schwarz-Straße ist darin als „Magistrale mit Handlungspriorität“ definiert und somit konzeptionell mit einem integrierten Ansatz für die Bewältigung der funktionalen Defizite und städtebaulichen Missstände verbunden. Der Entwicklungsansatz zielt darauf, die Nutzungsstruktur zu stabilisieren und anzureichern. Er ist insbesondere darauf gerichtet, das Wohnen und die soziale Infrastruktur für unterschiedliche Zielgruppen zu stärken.
Mitte der 2000er Jahre begannen erste „Pioniere“, in Eigeninitiative leer stehende Gebäude wieder nutzbar zu machen. Das erste Projekt war das „Werkstättenhaus“ des Vereins „kunzStoffe“. Die Idee der so genannten „Wächterhäuser“ des Vereins HausHalten e.V. war zunächst noch auf Zwischennutzung angelegt. Doch schon bald strebten diese Projekte eine Dauernutzung als „Ausbauhäuser“ an. Innerhalb kurzer Zeit erreichte das Quartier mit 25 selbstverwalteten „Hausprojekten“ die größte Dichte solcher Projekte in ganz Leipzig. Viele von ihnen wurden durch HausHalten e.V. und die Stadt Leipzig unterstützt. Diese Pioniernutzungen waren gleichsam Initialzündung für eine prosperierende Gebietsentwicklung.
Quelle: Plan und Praxis GbR 2012
Weitere Entwicklungsimpulse erhielt das Stadtteilzentrum von sozialinfrastrukturellen Projekten, etwa durch die Erweiterung des Diakonissenkrankenhauses mit einem Neubau. Zudem wurde ein bestehendes Krankenhausgebäude mit Operationssälen aufgestockt. In unmittelbarer Nähe entstand nach Abbruch eines ruinösen Altbaus ein Ärztehaus mit zwölf Praxen. Nicht zuletzt wurden die Freiflächen einer Kindereinrichtung in Alt-Lindenau um ein benachbartes Brachgrundstück erweitert. Die diversen Impulse lösten geradezu einen Entwicklungsschub aus, so etwa die Sanierung des bis 2010 weitgehend leer stehenden Brunnenviertels. Zwischenzeitlich hat auch die abschnittsweise Umgestaltung der Georg-Schwarz-Straße begonnen, um die Situation für den Fuß- und Radverkehr zu verbessern sowie Straßenbahnhaltestellen und S-Bahn-Zugang barrierefrei zu gestalten.
Quelle: Plan und Praxis GbR 2012
Letztlich gehen viele Veränderungen entlang der Georg-Schwarz-Straße auf die Initiative lokaler Pioniere zurück. Diese wurden frühzeitig durch die Leipziger Stadterneuerung unterstützt sowie aktiv in die Zentrumsentwicklung und schließlich in das Geschäftsstraßenmanagement einbezogen. Dieses so genannte „Magistralenmanagement“ gestaltet seit 2011 den Erneuerungsprozess des Stadtteilzentrums. Das Management ist vom Amt für Stadterneuerung der Stadt Leipzig beauftrag und zeichnet sich dadurch aus, dass es sich aus einem Planungsbüro und Akteuren aus lokalen Vereinen und Initiativen zusammensetzt. Das Magistralenmanagement nimmt neben Kommunikation und Koordination insbesondere auch Aufgaben zur Vermittlung von Informationen und Räumen wahr. Darüber hinaus bietet das Management Beratungs- und Planungsleistungen an und liefert damit Beiträge zur konzeptionellen Weiterentwicklung für das Stadtteilzentrum. Mit Hilfe eines Verfügungsfonds können vielfältige Projektideen wie beispielsweise die Reaktivierung von Ladengeschäften unterstützt werden.
Für die Gebietserneuerung werden private und öffentliche Finanzmittel gebündelt, insbesondere aus den Förderprogrammen:
- Städtebauförderung „Städtebauliche Sanierungsmaßnahme“
- Städtebauförderung „Stadtumbau Ost
- Städtebauförderung „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“
- Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung
Pioniernutzungen können als Initialzündung für eine positive Quartiersentwicklungsperspektive wirken. Deren Impulse können Kontinuität und Ausstrahlung entfalten, wenn entsprechende Initiativen durch eine strategisch angelegte Stadterneuerung vonseiten der Stadt unterstützt werden. Durch die Mitwirkung lokaler Akteure im Gebietsmanagement ist es gelungen, endogene Potenziale für eine prosperierende Gebietsentwicklung zu nutzen. Im Laufe der Zeit wurden mehrere hundert Wohnungen und zahlreiche Gewerberäume modernisiert. Damit konnten die Wohnungs- und Ladenleerstände erheblich verringert und so die Nutzungsvielfalt gestärkt werden. Mittlerweile befindet sich das Stadtteilzentrum auf einem Pfad der Konsolidierung. Insgesamt hat das Gebiet entlang der Magistrale neue Attraktivität gewonnen. Die positive Entwicklung des Stadtteilzentrums basiert auf einer konzentrierten Ressourcenbündelung in Verbindung mit einem integrierten und akteursbezogenen Entwicklungsansatz. Das Beispiel bestätigt die Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit des instrumentellen Dreiklangs von integriertem Handlungsansatz, Zentrenmanagement und Verfügungsfonds.