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Nationale Stadtentwicklungspolitik

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Saarbrücken „St. Arnual“

Auf dem Gelände der historischen Artilleriekaserne in Saarbrücken-St. Arnual ist zwischen 2003 und 2010 ein neues innerstädtisches Wohnquartier entstanden. In diesem Projekt verbinden sich Individualität, Urbanität und grünes Umfeld. Es ist ein Beispiel dafür, wie innerstädtisches Wohnen in mäßiger Verdichtung in der Praxis aussehen, wie der individuelle Bauherr sich am "Bau der Stadt" beteiligen und wie ein derartiges Projekt wirtschaftlich umgesetzt werden kann.

Kontext

Spielstraße in der Siedlung Quelle: GIU mbh

Die Landeshauptstadt Saarbrücken (176.000 Einwohner) war in den vergangenen Jahrzehnten eine der deutschen Großstädte mit den größten Bevölkerungsverlusten. Dabei spielten Auswirkungen des wirtschaftlichen Strukturwandels von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft an der Saar eine wichtige Rolle. Hinzu kamen kostengünstige Baulandausweisungen in den Umlandkommunen, insbesondere auch im benachbarten französischen Lothringen sowie ein Mangel an attraktiven und familienfreundlichen Wohnangeboten in der Stadt selbst.

St. Arnual liegt südwestlich der Stadtmitte und verfügt über gute Verkehrsanbindungen. Der historische Stadtteil wurde 1906 in die Landeshauptstadt eingemeindet und ist heute fester Bestandteil des zentralen Stadtgebietes.

Die Innenstadt ist, auch zu Fuß, schnell zu erreichen. Der Stadtteil zeichnet sich durch ein reichhaltiges Angebot an Geschäften, Arztpraxen, Kanzleien, Schulen, Kindergärten und Gastronomie aus. Eine landschaftlich reizvolle Umgebung und fußläufig erreichbare Naherholungsflächen runden die Lage St. Arnuals ab.

Projektbeschreibung

Neubauten in der Klara-Marie-Fassbinder-Straße Quelle: GIU mbh

Auf dem Gelände der ehemaligen Artilleriekaserne in St. Arnual ist auf rund 3 Hektar Fläche ein urbanes Wohngebiet mit rund 80 Bauplätzen und knapp 100 Wohneinheiten für Ein - und Mehrfamilienhäuser entstanden. Das neue Quartier liegt im Inneren einer im 20. Jahrhundert um das Kasernengelände herum gewachsenen Blockstruktur. Das Besondere an dem Projekt ist, dass sich die individuelle Bebauung der einzelnen Grundstücke zu einem städtebaulich schlüssigen Gesamtbild zusammenfügt. Der einzelne Bauherr konnte seinen Wunsch nach einem Eigenheim im Rahmen vertraglich festgeschriebener „Spielregeln“ verwirklichen und hat damit zu einem neuen Stadtquartier beigetragen.

Die Grundstücke zeichnen sich durch hohe Flexibilität in Bezug auf die Lage, die mögliche Ausnutzung und die zulässigen Bebauungstiefen aus. Sie haben durchweg kleine Zuschnitte (ca. 120 – 250 m², einzelne max. 450 m²) und machen daher nur einen vergleichsweise geringen Kostenanteil an der gesamten Bausumme aus.

Alter Baumbestand, denkmalgeschützte Bauten und bauliche Elemente aus der Zeit der Kasernennutzung (Toreinfahrt, Mauern, Reithalle, Gründerzeitgebäude) wurden - soweit möglich - erhalten und in das städtebauliche Konzept integriert. Die neue Quartiersmitte wird durch einen um 1898 angelegten grünen Platanenring geprägt, dem die Gartenbereiche der angrenzenden Grundstücke zugeordnet sind. Der autofreie Spielweg rund um das Platanenkarree ergänzt das nähere Umfeld. Ruhige Wohnspielstraßen münden in Wendeflächen. Insbesondere die mit der Fahrbahn niveaugleichen Gehwegflächen begünstigen die Nutzung des Straßenraums als Spiel- und Kommunikationsflächen. PKW-Stellplätze sind soweit möglich an den Außengrenzen des Quartiers angeordnet. Fußwege führen in die umliegenden Wohnquartiere, zu den Geschäftsstraßen sowie zum alten Ortskern rund um den St. Arnualer Markt.

Straßenansicht der Neubauten in der Klara-Marie-Fassbinder-Straße Quelle: GIU mbh

Um Koordinationsprobleme im Bauablauf der vielen Einzelbauvorhaben zu vermeiden und Kostenersparnisse im Bauprozess zu ermöglichen, wurde den Bauherren und Architekten ein umfassendes Beratungs- und Abstimmungsangebot gemacht. Informationsveranstaltungen im Vorfeld der Baumaßnahmen halfen potenzielle Konflikte zu vermeiden und boten die Möglichkeit für die Bauherren, früh Nachbarschaftskontakte zu knüpfen. Die „Nachbarschaft Artilleriekaserne“ hat sich bis heute erhalten und trägt wesentlich zur Beliebtheit des Quartiers bei Immobiliensuchenden in Saarbrücken bei.

Neben den Festsetzungen im Bebauungsplan stand den Bauherren ein umfassendes Gestaltungshandbuch zur Verfügung, in dem weitergehende „Spielregeln“ für das Bauen festgelegt sind. Diese „Spielregeln“ und die Prüfung durch den Gestaltungsbeirat unter Vorsitz des Baudezernenten sind von allen anerkannte Instrumente zur Qualitätssicherung. Der Gestaltungsbeirat setzte sich aus Vertretern des Stadtplanungsamts, des Projektentwicklers und externen Fachleuten zusammen. Er prüfte die eingereichten Entwürfe auf Einhaltung der Regeln des Gestaltungshandbuches und beriet Bauherren im Sinne der Gestaltungsqualität im Wohngebiet. Das Gestaltungshandbuch gibt Hinweise und Regelungen zur Gestaltung der Wohnhäuser, Nebengebäude und Freiflächen und wird Bestandteil des Grundstückskaufvertrages.

Im Herbst 2003 fand unter saarländischen Architekten ein Ideenwettbewerb für exemplarische Wohnbauten statt. Die prämierten Entwürfe dienten den Interessenten als Anregung für ihre Bauprojekte. Die Hochbaukosten hat jeder Bauherr durch die Wahl von Baugröße und -standard im Wesentlichen selber beeinflussen können. Es sind Einzelprojekte mit einem Gesamtkostenrahmen zwischen 170.000,- bis deutlich über 400.000,- € (inkl. Grundstück, Baunebenkosten, Mehrwertsteuer) entstanden. Der mittlere Gesamtkostenrahmen lag bei ca. 300.000,- €.

Als letztes Projekt auf dem ehemaligen Kasernengelände entstanden durch den Umbau der denkmalgeschützten Reithalle Lofts für eine Baugemeinschaft.

Projektchronologie

JahrEreignis
2003städtebauliche Konzeption, Wirtschaftlichkeitsberechnungen
2003Eigentumsübertragung der Flächen an die städtische Beteiligungsgesellschaft GIU
2003Beginn der Betreuung von Altnutzern zur Verlagerung oder Integration in das Konzept
2003Beginn der Presseberichterstattung und Bewerbung des Standorts
2003Ideenwettbewerb unter saarländischen Architekten für „Wohntypen“
2004Abschluss der städtebaulichen Planung, Werkplanung
2004Baumaßnahmen, Erschließung, Vermarktung
2005Beginn der Hochbaumaßnahmen (insgesamt ca. 50 private Bauvorhaben)
2006Bezug eines großen Teils der Häuser
2007weitgehende Fertigstellung des Neubaubereichs
2008Deutscher Bauherrenpreis
2008Baubeginn in der historischen Reithalle
2010Fertigstellung und Bezug der Reithalle

Ziele

Fußweg in die Sophie-Scholl-Straße Quelle: GIU mbh

  • Aufwertung zentraler Lagen für Wohnnutzung
  • Entwicklung eines Modells für das „Neue Wohnen in der Stadt“
  • „Zurückholen“ der Mittelschicht in die Stadt
  • „gute Architektur und guter Städtebau“ in individueller Bauweise
  • Einbindung der einzelnen Bauherren in „den Bau der Stadt“
  • Ausnutzung vorhandener Infrastrukturen im Umfeld
  • Sicherung des „Standortes Stadt“ als soziales, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum

Maßnahmen

Umgebaute Reithalle und Neubauten in der Barbarastraße Quelle: GIU mbh

  • Städtebauliche Planung
  • Architektenwettbewerb
  • Bebauungsplan
  • Betreuung der Bestandsnachbarn
  • Betreuung der Altnutzer
  • Gestaltungshandbuch
  • Gestaltungsbeirat
  • Betreuung der Bauherren
  • Förderung von Nachbarschaftskontakten
  • Umsetzung und Begleitung einer Baugemeinschaft

Innovationen

Umgebaute Reithalle - hier Verbindung zur Grünfläche mittels Treppe Quelle: GIU mbh

Das Projekt zeichnet sich durch ein kommunikationsorientiertes Verfahren zur Errichtung von individuellen Einfamilienhäusern mit einer Vielzahl von Bauherren in einer urbanen Struktur aus. Auf dem Prüfstand standen die Möglichkeiten der individuellen Beteiligung einzelner Bauherren am „Bau der Stadt“. Ein Gestaltungshandbuch stellte einen Leitfaden für die Entwicklung eines stadträumlich, freiraumplanerisch und architektonisch hochwertigen Wohnquartiers dar und wurde von allen Beteiligten als verbindlich akzeptiert.

Im Jahre 2008 wurde das Projekt mit dem Deutschen Bauherrenpreis ausgezeichnet. In der Stellungnahme der Jury wurden das gesteuerte individuelle Bauen in der Gemeinschaft sowie die erreichten architektonischen und städtebaulichen Qualitäten als besondere Projektkennzeichen hervorgehoben und gelobt.

Quellen

Gartenbereich eines Neubaus Quelle: GIU mbh

Weiterführendes

Projektstandort auf Google-Maps: https://goo.gl/maps/RUDrG8jpTgA2

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 66119 - Ort: Saarbrücken - Straße: Sophie-Scholl-Straße.

Letzte Änderung: 19.04.2017