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In der ehemaligen Porzellanstadt Selb konnte für eine innerstädtische Brachfläche seit Jahren kein tragfähiges Investitionskonzept gefunden werden. Im Zuge eines stadtweiten Stadtumbauprozesses wurde ein Bürgerideenwettbewerb für eine Zwischennutzung des Geländes als Bürgerpark ausgelobt. Aus den eingegangenen Vorschlägen wurden mehrere Beiträge prämiert und unter Beteiligung der Bürgerschaft umgesetzt.
Kontext
Quelle: Stadt Selb
Die Entwicklung der Stadt Selb ist eng mit der Porzellanindustrie verbunden. Im Laufe der etwa 150jährigen Blütezeit dieses Industriezweiges hat dies zu einer engen Abhängigkeit von Stadtentwicklung und Porzellanfabrikation geführt. Die Absatzkrise der keramischen Industrie Mitte der 1990er Jahre hatte einen erheblichen Rückgang der Beschäftigten zur Folge und führte gleichzeitig zu hohen Einwohnerverlusten. In den letzten drei Jahrzehnten reduzierte sich die Einwohnerzahl von 24.000 Einwohnern auf gegenwärtig ca. 18.000 (2007). Die Arbeitslosigkeit liegt bei ca. 12 % und der Altersdurchschnitt der Bevölkerung ist überdurchschnittlich hoch; über 26 Prozent der Einwohner sind über 65 Jahre alt.
Die Aufgabe großer Produktionsstätten hat im Stadtgebiet große Industriebrachen hinterlassen. Der Einwohnerverlust wiederum führte zu hohen Leerständen im Mietwohnungsbestand der Stadt. Um diesen, durch wirtschaftlichen Strukturwandel verursachten Schrumpfungsprozess zu bewältigen wurden Neu- bzw. Zwischennutzungen für aufgegebene Industrieareale entwickelt. Hinzu kommen Aufwertungsmaßnahmen des öffentlichen Raums sowie Anpassungsmaßnahmen im Wohnungsbestand wegen rückläufiger Nachfrage.
Für ein am Rand der historischen Altstadt gelegenes ehemaliges Brauereigelände wurden seit Jahren erfolglos neue Folgenutzungen gesucht. Im Rahmen des ExWoSt-Forschungsprogramms „Stadtumbau West“ konnte die Stadt Selb einen Bürgerideenwettbewerb für eine Zwischennutzung des Geländes ausloben. Mit dem Wettbewerb wurden erstmals Ideen aus der Bürgerschaft in die Stadtentwicklung einbezogen. Insgesamt wurden 22 Projektbeiträge eingereicht. Auf der Basis von drei prämierten Vorschlägen erarbeiteten Fachplaner einen konkreten Umsetzungsplan für einen Bürgerpark, der unter Beteiligung der Bürger umgesetzt wurde.
Die gestalterischen Maßnahmen umfassen landschaftsarchitektonische Aspekte wie Terrassierung, Bepflanzung, Anlage von Wegen und einzelne Elemente zum Thema Porzellan. Eine Mehrzweckfläche wurde eingerichtet, die für Märkte, Ausstellungen oder zum Boule-Spiel genutzt werden kann. An zentraler Stelle wurde ein Schachfeld mit Kacheln realisiert und verschiedene Sitzmöglichkeiten geschaffen, die an die Porzellanindustrie erinnern. Die Umsetzung der Idee des Porzellanschachspiels wurde mit einem Spendenaufruf gekoppelt: Selber Bürger konnten für eine Spende die Patenschaft für eines der 64 Schachfelder übernehmen. Die Bevölkerung war in die Realisierung der Zwischennutzung im Rahmen vieler Aktionen intensiv einbezogen. Beispielsweise wurden gemeinsam von Fachleuten, Bürgern und Repräsentanten der Stadt Steinkörbe mit Gipsformen, einem Abfallprodukt aus der Porzellanindustrie, befüllt und für die Grenzgestaltung des Parks eingesetzt. So konnte die Bevölkerung dafür sensibilisiert werden, dass Schrumpfung auch eine Qualitätssteigerung bedeuten kann.
Quelle: Stadt Selb
Die Einweihung des Parks fand im November 2004 unter reger Beteiligung der Bevölkerung statt. Das Budget für die Zwischennutzung betrug inklusive der Planungsleistungen 150.000 €. Über die Zwischennutzung ist es gelungen, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die zentral gelegene Fläche zu lenken. Sollte sich eine neue gewerbliche Nutzungsmöglichkeit für die Fläche eröffnen, stehen der Stadt Selb weiterhin alle Möglichkeiten offen, die Fläche ihrer ursprünglichen Nutzung wieder zuzuführen.
Über das Instrument „Zwischennutzung“, verknüpft mit einem bürgerschaftlichen Wettbewerb, konnten für die Stadt Selb mehrere Erfolge erzielt werden. Zum einen ist es gelungen, eine für das Erscheinungsbild der Innenstadt zentrale Fläche zu beleben und attraktiv zu gestalten. Gleichzeitig konnten so die Verwertungsmöglichkeiten der Fläche für eine gewerbliche Nutzung erhalten werden. Zum anderen hat das umfangreiche Beteiligungsverfahren dazu geführt, die Selber Bürger aktiv in den Umbauprozess einzubeziehen und ihre Identifikation mit der Stadt zu fördern. Der Park erinnert durch seine Gestaltung an die für die Stadt wichtige traditionelle Porzellanherstellung und gilt als Symbol für den Wandel der Stadt. Seither wird der Park gut angenommen. Es finden dort regelmäßige Veranstaltungen statt, wie etwa das Porzellinerfest oder die Aufstellung des Maibaums.