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Siegen "Innenstadt"

Siegens Innenstadt gliedert sich topografisch und städtebaulich in Unter- und Oberstadt, die zudem durch Autoverkehrsanlagen separiert sind. Während die „Unterstadt“ durch großförmige Geschäfts- und Bürokomplexe prosperierte, verzeichnete die historische „Oberstadt“ Funktions- und Bedeutungsverluste. Im Interesse einer ausgeglichenen Entwicklungsperspektive beider Zentrumsbereiche streben Stadtpolitik und -verwaltung eine städtebauliche Neuprofilierung insbesondere der „Oberstadt“ an. Dabei spielt die Ansiedlung von Universitätseinrichtungen eine Schlüsselrolle.

Kontext

Karte vom Siegener Zentrum Karte vom Siegener Zentrum Quelle: Plan und Praxis GbR 2017, Kartengrundlage: OpenStreetMap, veröffentlicht in CC-BY-SA 2.0

Siegen (rd. 100.000 Einwohner, Stand 2014) ist Oberzentrum im Verdichtungsraum Südwestfalen. Die Innenstadt besteht aus den Quartieren „Unterstadt“, „Vordere Friedrichstraße“ und „Oberstadt“. Das in steiler Hanglage gelegene, historische Zentrum, die Oberstadt, weist überwiegend eine kleinteilige Bebauung auf. Lediglich einige städtebauliche Dominanten verschiedener Epochen unterbrechen die kleinteilige Struktur. Diese Dominanten sind unteres und oberes Schloss, Rathaus und Markt, Kirchen, ein Kaufhaus und ein Krankenhauskomplex. In der Unterstadt hat sich zwischen Bahnhof und der Sieg die Hauptgeschäftslage mit großflächigem Einzelhandel und Dienstleistungen etabliert.

Die Oberstadt ist historisch gewachsen und durch zahlreiche inhabergeführte Fachgeschäfte geprägt. Dieser Einzelhandelsstandort erlangte seit den 1970er Jahren mit einer Fußgängerzone und Warenhäusern überörtliche Bedeutung. Im Zuge des Strukturwandels im Einzelhandel verlor die Oberstadt jedoch an Anziehungskraft. Neue Einkaufszentren wie „City-Galerie“ und „Sieg-Carré“ in der Unterstadt führten dazu, dass die Besucherfrequenzen in der Oberstadt zurückgingen. Dort mussten in der Folge inhabergeführte Geschäfte schließen. Demgegenüber prosperierte die Unterstadt zwar wirtschaftlich, war zugleich aber mit Gestalt- und Aufenthaltsdefiziten in den öffentlichen Räumen konfrontiert.

Projektbeschreibung

Blick in die Unterstadt Blick in die Unterstadt Quelle: Bernd Breuer 2016

Das übergeordnete Ziel der Siegener Stadtentwicklung besteht darin, die Innenstadt als vitales und vielfältiges Oberzentrum mit entsprechender Nutzungsvielfalt zu reaktivieren. Damit verbindet sich der Anspruch, die beiden zentralen Stadträume, die Unter- und Oberstadt, neu zu profilieren. Für die Unterstadt ist eine großstädtische Zentrumsprägung durch Einzelhandel und Dienstleistung vorgesehen. Demgegenüber soll die Oberstadt den Charakter des historischen Zentrums mit kleinteiliger Funktions- und Baustruktur bewahren („Berg der Fachgeschäfte“).

In der Oberstadt soll das Nutzungsprofil von Wohnen und Handel um weitere Funktionen angereichert werden. Bei der Neuprofilierung der Oberstadt geht ein entscheidender Impuls von der Universität Siegen aus. Die Hochschule weist inzwischen eine Studierendenzahl von über 19.000 auf und zieht mit Kernelementen sukzessive in die Oberstadt. Dieser Zuzugsprozess wird durch die Stadtentwicklungsstrategie bewusst unterstützt, um dort eine neue Anker- und Magnetnutzung zu etablieren. Dieser Ansatz folgt der Intention, die Oberstadt stärker zu beleben und dort die Ansiedlung weitere Folgenutzungen anzuregen.

Wohn- und Geschäftshäuser in der Oberstadt Wohn- und Geschäftshäuser in der Oberstadt Quelle: Plan und Praxis GbR 2016

Weiterer wichtiger Akteur ist die Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Oberstadt, ein Zusammenschluss aus Hauseigentümern, Gewerbetreibenden und Förderern. Das zentrale Anliegen der ISG ist es, die Siegener Oberstadt attraktiver zu gestalten. Dafür steht sie in engem Kontakt mit Kommunalpolitik, Stadtverwaltung und der lokalen Bürgerschaft. Seit 2007 betreibt die ISG Oberstadt das Citymanagement und steht als Ansprechpartner und Vermittler zur Verfügung.

Ein zentraler Baustein der Innenstadtaufwertung ist die Umgestaltung des Siegufers und dessen städtebaulichen Umfeldes. Bis dahin war der Fluss in der Innenstadt durch eine Betonplatte mit Autostellplätzen bedeckt und nicht erlebbar. Das Gewässer konnte in das Stadtgefüge reintegriert werden, indem die „Siegplatte“ abgerissen und durch neue Brücken ersetzt wurde. Daraufhin entstanden neue Vegetations- Aufenthaltsbereiche am Ufer. In der Folge konnten angrenzende Straßen stadtverträglich umgestaltet und die Aufenthaltsqualität in den innenstädtischen Freiräumen umfassend verbessert werden. Der Impuls zur Umgestaltung des Siegufers ging von der Universität Siegen aus. Die Fachbereiche Stadtgestaltung und Wasserwirtschaft entwickelten im Vorfeld verschiedene Varianten für den Rückbau der „Siegplatte“. Sie überzeugten damit Politik und Verwaltung, die daraufhin eine Machbarkeitsstudie beauftragten.

Blick auf die Sieg mit neuer Ufergestaltung Blick auf die Sieg mit neuer Ufergestaltung Quelle: Plan und Praxis GbR 2016

Die Stadt Siegen treibt die Neuprofilierung der Oberstadt und die Diversifizierung der Nutzungen bereits seit langem voran. Zu den planerischen Instrumenten gehören zahlreiche integrierte und sektorale Konzepte. Die strategische Weichenstellung erfolgte bereits mit dem „Städtebaulichen Rahmenplan Siegen-Mitte“ und seiner Fortschreibung 1996. Dieses Planwerk bildet die Grundlage für die innenstätische Funktionsstärkung, die städtebauliche Aufwertung des öffentlichen Raumes und die Verknüpfung von Unter- und Oberstadt.

Die Maßnahmenumsetzung vollzieht sich in einem umfassenden Sanierungsverfahren gemäß § 142 BauGB, im Sanierungsgebiet „Siegen – Mitte“. In dem Stadterneuerungsprozess kommen auch städtebauliche Verträge gemäß § 11 BauGB zum Einsatz. Diese Verträge regeln auf Grundlage der Sanierungsziele die Nutzung und Gestaltung von Gebäuden. Die Finanzierung der Baumaßnahmen zur Neuprofilierung der Oberstadt erfolgte zu großen Teilen aus Fördermitteln von Bund, Land und Europäischer Union.

Gegenblick auf die Sieg mit Überbauung im Hintergrund Gegenblick auf die Sieg mit Überbauung im Hintergrund Quelle: Bernd Breuer 2016

Folgende Förderprogramme unterstützen die innenstädtische Nutzungsmischung und Revitalisierung:

  • Städtebauförderung „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“
  • Städtebauförderung „Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen“
  • Gemeindeverkehrsfinanzierung (GVFG)
  • EU-Förderung im Rahmen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie für die Renaturierung der Sieg

Projektchronologie

JahrEreignis
1991Städtebaulicher Rahmenplan „Siegen-Mitte“
1992Festlegung des Sanierungsgebiets „Siegen-Mitte“
1996Rahmenplanfortschreibung „Stadtentwicklung Zentrum Siegen“
2006 bis 2007Umbau eines Kaufhauses zum „KrönchenCenter“
2008Machbarkeitsstudie für Rückbau der Siegplatte
2010Integriertes Handlungskonzept „Siegen – Zu neuen Ufern“
2013Ratsbeschluss eines neuen Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes
2013Grünflächenkonzept „Grün kommt an“
Seit 2014operative Umsetzung diverser Erneuerungsmaßnahmen

Ziele

Platzbereich am Unteren Schloss mit ehemaligem Kaufhaus Platzbereich am Unteren Schloss mit ehemaligem Kaufhaus Quelle: Plan und Praxis GbR 2016

  • Stabilisierung und Stärkung der Nutzungsmischung
  • Stärkung der Unterstadt als großstädtisches Zentrum
  • Neuprofilierung der Oberstadt als nutzungsgemischtes Zentrum
  • Belebung der Oberstadt
  • Aufwertung öffentlicher Räume

Maßnahmen

Blick auf das KrönchenCenter Blick auf das KrönchenCenter Quelle: Plan und Praxis GbR 2016

  • Ansiedlung universitärer Einrichtungen in der Innenstadt
  • Schlossumbau für Hochschulnutzung
  • Umnutzung von ehemaligen Lagerflächen zu Hörsälen und Mensa
  • Umbau eines Krankenhauses zu Seminarräumen und Studierendenwohnungen
  • Ansiedlung von Drogerie- und Lebensmittelmärkten in Oberstadt
  • Umbau eines Kaufhauses
  • Umgestaltung des Siegufers
  • Umgestaltung der Fußgängerzone
  • Citymanagement

Innovationen

Fußgängerzone mit Geschäften und Wasserspiel Fußgängerzone mit Geschäften und Wasserspiel Quelle: Plan und Praxis GbR 2016

Das komplexe und umfassend zwischen den verschiedenen räumlichen und fachlichen Ebenen abgestimmte integrierte Handlungskonzept bildet das tragfähige Fundament für eine Synergie stiftende Erneuerung zentraler Stadträume. Stringenz und Zügigkeit bei der Umsetzung tragen dazu bei, dass der Entwicklungsansatz greift und nachhaltige Wirkung zeigt.

Das strategische Projekt des universitären „Campus Unteres Schloss“ entfaltete eine positive Entwicklungsdynamik in der gesamten Oberstadt. Diese strategische Funktion einer Universität sowie ihr Zusammenwirken mit der Stadtplanung zum Zweck der Zentrumserneuerung erweisen sich als innovative Impulse für die Stadterneuerung.

In der Oberstadt ging die Zahl der Leerstände um circa 70 Prozent zurück. Dadurch entstand die Voraussetzung für eine vitale Nutzungsmischung. In Teilräumen, die lange durch die Wohnfunktion dominiert waren, etablierten sich neue Nutzungen (Gastronomie etc.) und neue Wohnformen. Nicht zuletzt entstanden durch die Umgestaltung des Siegufers neue Freiraum- und Aufenthaltsqualitäten am Fluss. Dieses Projekt führte nicht nur zur funktionalen und ästhetischen Bereicherung, sondern auch zu einer neuen Verbindung verschiedener Teilbereiche der Innenstadt.

Quellen

Weiterführendes

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 57072 - Ort: Siegen - Straße: Kölner Straße.

Projektstandort auf Google-Maps: https://goo.gl/maps/7Lc4YMFJaL42

Letzte Änderung: 04.04.2018

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