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Nationale Stadtentwicklungspolitik

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Grafik mit einer Hand, die ein Mikrophon hält auf blauem Grund

Susann Seifert, Sozialunternehmerin

„Ich mache Stadt gemeinsam, weil es nur miteinander aus uns selbst heraus gelingt, die eigenen Interessen umzusetzen.“

Portraitfoto von Susann Seifert vor einer bröckelnden Hausfassade mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Susann Seifert Quelle: BBSR/OSTKREUZ: Heinrich Voelkel

Von der Verwaltung in die Farbküche und weiter zum Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik: Bevor Susann Seifert Unternehmerin in ihrer Stadt wurde, arbeitete sie fast 20 Jahre bei der Stadtverwaltung - als persönliche Referentin des Oberbürgermeisters, in der Kämmerei und als Graffitibeauftragte im Vollzugsdienst des Ordnungsamtes. Sie traf Menschen, die sich (öffentliche) Räume aneigneten und z.B. zu Skater- und Grillplätzen oder zu ihren Aufenthaltsräumen machten. Und sie traf Sprüher, die Wände ungefragt nach ihren Vorstellungen gestalteten. Hier nahm die Liebe zum Graffiti ihren Anfang.

Susann Seifert begann, sich intensiv mit dem Thema Stadt zu befassen, auch mit Kriminalprävention und Architekturpsychologie. Sie ging der Faszination des Sprühens nach und gründete 2016 die Farbküche. Die Farbküche entwickelte sich schnell zu einem Treffpunkt der Stadtgesellschaft. Ein offenes Atelier und Coworking Space mitten in der Stadt – idealer Ort für Dialoge mit Kindern und Jugendlichen, Passanten, Nachbarn, Neugierigen, Vertretern von Städten und Gemeinden.

Susann traf Verbündete und wurde zur Mitinitiatorin des Projektes Stadtmensch, ein Pilotprojekt des bundesweiten Wettbewerbs „Stadt gemeinsam gestalten. Neue Modelle der Quartiersentwicklung“. Aus einem mit der Community gestalteten Stadtmensch-Festival wurde ein bundesweit beachtetes Projekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik. Und eine dauerhafte Institution, die die Einwohnerschaft langfristig in die Gestaltung ihrer Stadt einbezieht. Als Dach für all diese Aktivitäten entstand 2018 die „Erlebe was geht gGmbH“ - ein Sozialunternehmen für gesellschaftliches Mit-und Füreinander.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Da fallen mir zu allererst drei Worte ein: Ermöglichung, Netzwerk und Orientierung.

Mit der Auswahl als Pilotprojekt im Rahmen des Projektaufrufs der Nationalen Stadtentwicklungspolitik konnten wir unsere Idee einer ko-produktiven Stadt umzusetzen und erproben. Dafür sind wir überaus dankbar. Und wir sind sehr stolz darauf. Wir sind uns bewusst, dass das eine sehr besondere Chance war. Solch ein Engagement aus der Verwaltung heraus wäre mit Blick auf die Strukturen meines Erachtens nie möglich gewesen.

Neben uns wurden auch Initiativen aus Münster, Hannover und Nürnberg als Pilotquartiere ausgewählt. Hier können wir nun auf ein hilfreiches Netzwerk zurückgreifen. Mit der Teilnahme an den Bundeskongressen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik ist unser Netzwerk auf dem Gebiet der Stadtentwicklung inzwischen riesig und vielfältig.

Die Nationale Stadtentwicklungspolitik schafft als Impulsgeberin für integrierte Stadtentwicklung und mit der Neuen Leipzig-Charta akteurs- und ressortübergreifende Grundlagen für eine gemeinsame, zukunftsgerichtete integrierte Stadtentwicklung, an der wir uns orientieren können.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Stadt gemeinsam zu machen, ist fest in der DNA unseres Unternehmens „Erlebe was geht gGmbH“ verankert. Wir entwickeln Programme, Orte und Netzwerke für und mit Stadtmacherinnen und Stadtmachern, Gründungsinteressierten und allen, denen die gemeinsame Entwicklung unserer oder ihrer Stadt am Herzen liegt. Da bei uns der Slogan „Machen statt quatschen!“ ganz oben steht, setzen wir auch eigene Projekte und Aktionen um.

Über Kunst und Kreativität verbinden wir mit der Farbküche Menschen im öffentlichen Raum im Herzen der Stadt. Hier gestalten wir im Wortsinn gemeinsam mit Menschen vor Ort ihr unmittelbares Lebensumfeld mit der Sprühdose. Mit unserem Gemeinschaftsprojekt Stadtmensch gehen wir aktiv auf Menschen zu, binden Nachbarn ein und aktivieren die Stadtgesellschaft, eigene Ideen und Projekte umzusetzen. Hierfür bieten wir ihnen Raum, finanzielle Mittel, ein Netzwerk und Know-how, wir stärken sie und befähigen sie. Mit unserem Gründungslabor „Ahoi Altenburg“ beispielsweise belgeiten wir Gründerinnen und Gründer auf ihrem Weg zu ihrem gemeinwohlorientierten Unternehmen und schaffen damit wirtschaftliche Bleibeperspektiven. Mit „Schnitt und Schnittchen“, unserem soziokulturellen Friseursalon, lassen wir die in unserer Stadt verwurzelte Salonkultur buchstäblich wieder aufleben und verbinden schöne Haare mit Themen der Stadtentwicklung und -gestaltung.

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Die Erfahrung, selbst wirksam zu sein und die Resonanz der Bürgerinnen und Bürger motivieren mich. Zeigen und erlebbar machen, was geht - mit vielen kleinen und großen Aktionen, gemeinsam mit ganz unterschiedlichen Menschen an verschiedenen Orten unserer Stadt oder auch über unsere Stadtgrenzen hinaus. Es macht einfach Spaß, theoretische Konzepte und Ideen zu realisieren. Ich engagiere mich, weil die Stadt uns allen gehört. Ich wünsche mir, dass sich immer mehr Menschen als Gestalterinnen und Gestalter ihrer Stadt sehen und ihre Vorstellungen und Wünschen einbringen. Das stiftet Identität, Identifikation und Gemeinschaft. Und nur so können die aktuellen Herausforderungen in unseren Städten und Gemeinden – auch im Sinne zukünftiger Generationen – bewältigt werden.

Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Großen Handlungsbedarf sehe ich nach wie vor in der Aktivierung der Stadtgesellschaft – auch „Inge von nebenan“ möchte ich mitnehmen. Ich wünsche mir eine weniger bürokratische Fördermittellandschaft, längere Förderdauern und mehr Vertrauen in Graswurzelinitiativen. Für schrumpfenden Regionen brauchen wir Nahversorgung, Bleibe-, Zuzugs-, Rückkehrperspektiven. Wir müssen noch mehr tun für resiliente Innenstädte und ganz wichtig sind dialogfördernde Verwaltungsräume, echte Beteiligung, Zwischennutzungen, Verfügungs- und Aktionsfonds sowie der angemessene Umgang mit Stadtmacherinnen und Stadtmachern – von der Sprache, über Arbeitshilfen und -orientierung, mehr Haushaltsmittel und Möglichkeiten zur Fortbildung.

Bildergalerie

Blick aus dem Publikum auf ein Diskussionspanel unter freiem Himmel Stadtmensch-Festival Altenburg 2021: Fishbowl-Diskussion beim Akademietag
Stadtmensch-Festival Altenburg 2021: Fishbowl-Diskussion beim Akademietag , Quelle: Susann Seifert
Eine Reihe von Menschen steht hintereinander entlang einer Mauer, an der jede von ihnen ein Plakat hochhält Stadtmensch-Festival 2021: Wallstreet G@llery - Fotoausstellung an der historischen Stadtmauer
Stadtmensch-Festival 2021: Wallstreet G@llery - Fotoausstellung an der historischen Stadtmauer , Quelle: Jens Paul Taubert
Auf einem Marktplatz arbeiten verschiedene Gruppen an kreativen Projekten. Im Vordergrund steht ein Schild mit der Aufschrift Stadt gemeinsam gestalten Stadtmensch-Festival Altenburg 2021: Gestaltung einer Kartonstadt mit der Altenburger Stadtgesellschaft
Stadtmensch-Festival Altenburg 2021: Gestaltung einer Kartonstadt mit der Altenburger Stadtgesellschaft , Quelle: Susann Seifert

Weiterführendes:

Farbküche Altenburg

Stadtmensch Altenburg

Erlebe was geht

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“