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Nationale Stadtentwicklungspolitik

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Staatssekretärin Bohle und Moderatorin Ellis im Gespräch auf dem Bundeskongress.

14. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik

50 Jahre Städtebauförderung – dieses besondere Jubiläum stand im Vordergrund des 14. Bundeskongresses der Nationalen Stadtentwicklungspolitik am 3. und 4. Mai 2021 in Köln.

TAG 1

Einführung

Zu der zweitägigen digitalen Veranstaltung hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gemeinsam mit der Bauministerkonferenz der Länder, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund als Träger der Gemeinschaftsinitiative Nationale Stadtentwicklungspolitik eingeladen. 3.000 Personen hatten sich zur zentralen Veranstaltung der Stadtentwicklung in Deutschland angemeldet, die an zwei Tagen mit mehreren Hundert Beteiligten über 60 Stunden anregende Vorträge, Diskussionen und Filmbeiträge erleben konnten.

Vor Ort in Köln sowie online wurde über aktuelle Ansätze und Strategien der Stadtentwicklungspolitik diskutiert, um so Ideen für eine gemeinsame nachhaltige und integrierte Entwicklung von städtischen und ländlichen Räumen auf nationaler und europäischer Ebene weiterzuentwickeln. Anlässlich des 50. Jubiläums der Städtebauförderung wurde das gemeinsame Förderinstrument von Bund, Ländern und Kommunen im Rahmen zahlreicher Diskussionen, Vorträge und multimedialer Beiträge thematisiert. Insbesondere am zweiten Kongresstag ging es zudem auch um die Corona-Pandemie und deren Folgen für die Entwicklung unserer Städte und Gemeinden.

Grußwort Ministerpräsident

Nach einer Begrüßung live aus der Flora Köln durch die Moderation wurde der Kongress mit einer Videobotschaft des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, eröffnet. Er bekräftigte anhand des Beispiels der Internationalen Bauausstellung Emscher Park die enorme Wirkungskraft der Städtebauförderung. Diese sei ein wichtiges Instrument, um die Städte und Gemeinden zu Orten der Vielfalt, Kreativität und Solidarität zu transformieren und dabei kulturelle, soziale, ökologische und wirtschaftliche Anforderungen zu bewältigen. Antworten auf aktuelle Herausforderungen wie den Klimawandel, die Mobilitätswende oder die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum müssten vorrangig in den Städten und im Dialog zwischen Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft sowie den Bürgerinnen und Bürgern gefunden werden. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, brauchen Städte großen Spielraum und auch den Mut für Außergewöhnliches – die Städtebauförderung schaffe hierfür den geeigneten Rahmen.

Eröffnungsfilm: 50 Jahre Städtebauförderung & Begrüßung Anne Katrin Bohle

Mit dem Eröffnungsfilm „50 Jahre Städtebauförderung“ wurde anhand von guten Beispielen aus Frankfurt am Main, Magdeburg und Iphofen verdeutlicht, was die Städtebauförderung vor Ort leisten kann – ob in der Großstadt oder im ländlichen Raum. Anne Katrin Bohle, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, griff im Gespräch mit Moderatorin Angela Elis die guten Erfahrungen der Städtebauförderung seit 1971 auf. Sie betonte, dass die Städtebauförderung ein lernendes Programm sei und sich immer wieder den aktuellen Herausforderungen der Städte und Gemeinden angepasst habe. Angesichts der aktuellen Corona-Pandemie werde deutlich, dass beispielsweise bei der notwendigen Erweiterung öffentlicher Grün- und Freiflächen die Städtebauförderung sehr gut unterstützen könne. Die größte Errungenschaft der Städtebauförderung sei dabei stets die Beteiligung der Menschen gewesen. Durch die Konzentration von sechs auf drei Programme im vergangenen Jahr sei die Städtebauförderung für die Städte und Gemeinden zudem einfacher handhabbar worden.

Festrede: 50 Jahre Städtebauförderung – Fundament erfolgreicher Stadtentwicklung

In seiner Festrede unter dem Titel „50 Jahre Städtebauförderung – Fundament erfolgreicher Stadtentwicklung“ spannte Prof. Dr. Klaus Töpfer als ehemals verantwortlicher Minister den weiten Bogen zwischen der Charta von Athen von 1933 und der 2020 verabschiedeten Neuen Leipzig-Charta. Während die in der Charta von Athen geforderte Funktionstrennung letztendlich zu einem Verlust von Urbanität führte, vollzog sich seit den 1980er Jahren allmählich der Wandel hin zu einer am Menschen orientierten Stadt. Heute können wir auf 50 Jahre sehr erfolgreicher Städtebauförderung zurückblicken – doch gleichzeitig stehen wir auch vor neuen Herausforderungen: So habe sich seit dem Gründungsjahr der Städtebauförderung die Weltbevölkerung mehr als verdoppelt, auf globaler Ebene sind enorme Ungleichheiten entstanden – wirtschaftlich und sozial.

Doch auch auf lokaler Ebene stehen die Städte und Gemeinden vor großen Herausforderungen, die durch die aktuelle Pandemie schonungslos offengelegt werden: Den Innenstädten drohen – beschleunigt u. a. durch das Wachstum des Online-Handels – Funktionsverluste, die soziale Ungleichheit wächst, das Mobilitätsverhalten verändert sich und die Folgen des Klimawandels werden immer deutlicher spürbar. Das Tempo der Veränderungen und der neuen Herausforderungen nehme dabei stetig zu, weshalb die Aktualisierung und Weiterentwicklung der Leipzig-Charta von 2007 zur Neuen Leipzig-Charta im vergangenen Jahr ein wichtiger und notwendiger Schritt gewesen sei. Um mit den Herausforderungen umzugehen, seien resiliente, kreislaufwirtschaftsgeprägte Städte erforderlich, um insbesondere den Ressourcenverbrauch und die Klimabelastung zu reduzieren und die Städte gegenüber Krisen und Katastrophen robuster zu gestalten. Gerade die aktuelle Pandemie zeige dabei, dass eine vorausschauende Planung besser sei als die kurzfristige Reaktion auf externe Einflüsse. Öffentliche Räume dürften nicht weiter kommerzialisiert, sondern müssten als Erlebnisräume neu programmiert werden. Die Bürgerinnen und Bürger seien über partizipative Formate eng in die Stadtentwicklung einzubeziehen. Die Städtebauförderung werde dabei eine entscheidende Rolle spielen können.

Diskussion: Das richtige Instrument zur richtigen Zeit – Lernendes Programm – Beispiele

Im Anschluss diskutierten und berichteten – begleitet von Moderatorin Anja HeydeThomas Beyer, Bürgermeister der Hansestadt Wismar, Manfred Eibl, Mitglied des Bayerischen Landtags, langjähriger Bürgermeister und Gründer des Interkommunalen Verbundes ILZER.LAND e. V., Dr. Oliver Hermann, Bürgermeister der Stadt Wittenberge, Prof. Dr. Michael Krautzberger, ehemaliger Leiter der Abteilung Bauwesen und Städtebau im damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, und Thomas Kufen, Oberbürgermeister der Stadt Essen, über ihre Erfahrungen mit der Städtebauförderung.

Die Städtebauförderung zeichne sich zum einen durch ihren Charakter als lernendes System und die kontinuierliche Weiterentwicklung ihrer Inhalte aus. Einen entscheidenden Beitrag zu dieser Lernfähigkeit leistet einerseits die intensive Zusammenarbeit mit der Bürgerschaft. Andererseits besteht ein wesentlicher Vorteil darin, dass die Kommunen bei der Ausgestaltung ihrer Maßnahmen entsprechend ihrer spezifischen Bedarfe große Handlungsspielräume in den verschiedenen Handlungsfeldern nutzen könnten.

In den neuen Bundesländern leistete die Städtebauförderung nach 1990 einen existentiellen Beitrag zur Revitalisierung, beispielsweise durch die Sanierung historischer Gebäudesubstanz in den Innenstädten oder durch den Umbau, den Rückbau und die Aufwertung von Großwohnsiedlungen. Auch im Ruhrgebiet konnte negativen Folgen des Strukturwandels mit Hilfe der Städtebauförderung entgegengewirkt werden und herausragende Beispiele der Nachnutzung etabliert werden, wie beispielsweise das UNESCO-Welterbe Zeche Zollverein in Essen. Am Beispiel des interkommunalen Verbundes Ilzer Land e. V. in Bayern wurde deutlich, wie durch Städtebauförderung auch interkommunale Zusammenarbeit unterstützt und dadurch ein Beitrag zur Stärkung des ländlichen Raumes geleistet wird.

Virtueller Eindruck der Wanderausstellung 50 Jahre Städtebauförderung

Eine virtuelle (filmische) Tour durch die Wanderausstellung „Gemeinsam Stadt bewegen! 50 Jahre Städtebauförderung“ zeigte, wie Städte und Gemeinden immer wieder auf neue Anforderungen reagieren und lebens- und liebenswerte Orte schaffen. 21 Städte und Gemeinden, 21 Geschichten von Veränderung, Zusammenarbeit und Zukunft: Die Ausstellung wird in der zweiten Jahreshälfte auf Deutschland-Tour gehen und beginnend in Kaiserslautern dann in Nürnberg, der Hansestadt Lübeck, Halle (Saale), Cottbus und abschließend in Berlin jeweils etwa vier Wochen lang zu sehen sein.

Diskussion Partner: 50 Jahre Städtebauförderung – Gemeinsam für starke und lebendige Städte und Gemeinden

Zum Abschluss des Vormittags diskutierten die Partner der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, Anne Katrin Bohle, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Ralph Spiegler, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nieder-Olm, sowie Dr. Sabine Sütterlin-Waack als stellvertretende Vorsitzende der Bauministerkonferenz der Länder und Ministerin für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein über ihre Perspektiven zur Zukunft der Städtebauförderung.

Dabei wurden zunächst die Erfolge, aktuelle Entwicklungen, aber auch zukünftige Anpassungsbedarfe der Städtebauförderung thematisiert. Zu den Erfolgsfaktoren der Städtebauförderung zählen insbesondere der integrative Ansatz, der intensive Austausch zwischen Bund, Ländern und Kommunen, die Flexibilität und Vielfalt der Programme sowie die Vielfalt geförderter Orte und Regionen – von den Großstädten über den suburbanen bis zum ländlichen Raum. Zudem generiere die Städtebauförderung hohe wirtschaftliche Folgeeffekte: So setzt jeder investierte Euro in der Städtebauförderung in der Regel sieben bis acht Euro privatwirtschaftlicher Investitionen frei. Daher sei es gerade angesichts der Pandemiefolgen unverzichtbar, das aktuelle Fördervolumen nicht nur zu halten, sondern noch deutlich aufzustocken.

Anpassungsbedarfe werden in der weiteren Flexibilisierung und Entbürokratisierung gesehen. Die Verschlankung des Programms von sechs auf drei Schwerpunkte 2020 sei ein wichtiger Schritt in diese Richtung gewesen, allerdings sollten die Prozesse beispielsweise hinsichtlich der Verwendungsnachweise, des Prüfungsaufwandes sowie der Verkürzung der Zeiträume zwischen Bedarfsanmeldung und Zuweisung der Mittel weiter verschlankt werden. Nicht zuletzt lohnt sich auch der Blick in den internationalen Raum, um von Städten im Ausland im Sinne von Next-Practice-Beispielen zu lernen.

Ein wesentlicher Bestandteil der Städtebauförderung ist und bleibt, wie auch in der Neuen Leipzig-Charta gefordert, die Gemeinwohlorientierung. Städtebauförderung diene immer den Bürgerinnen und Bürgern unserer Städte und Gemeinden. Eine intensive Partizipation der Bürgerschaft ist daher auch in der Zukunft ein wesentlicher Bestandteil der Städtebauförderung.

Diskussion Stadtentwicklung & Politik: MdB-Runde 50 Jahre Städtebauförderung

Im Rahmen der Diskussionsrunde der stadtentwicklungs- und baupolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Bundestagsfraktionen wurde die Städtebauförderung von Bernhard Daldrup (SPD), Daniel Föst (FDP), Udo Theodor Hemmelgarn (AfD), Caren Lay (Die Linke), Daniela Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) und Kai Wegner (CDU) aus verschiedenen politischen Blickwinkeln betrachtet und diskutiert.

Bei der lebhaften Diskussion herrschte bezüglich der Erfolge und Bedeutung der Städtebauförderung weitgehende Einigkeit. Von allen Beteiligten wurde die Städtebauförderung als wichtiges Instrument einer nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik anerkannt. Es sei aus der kommunalen Praxis nicht mehr wegzudenken sollte daher auch im Grundgesetz noch fester verankert werden, um zu verhindern, dass sie jedes Jahr aufs Neue zur Debatte gestellt werden könnte.

Als eine der zentralen Aufgaben der Städtebauförderung in den kommenden Jahren wurde die Stärkung und Wiederbelebung der zentralen Lagen unserer Städte und Gemeinden benannt, deren ohnehin teils prekäre Situation durch die Corona-Pandemie noch dramatisch verschärft wurde. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass die Städtebauförderung gerade in Bezug auf die Pandemie nicht als Allheilmittel verstanden werden darf: So hat die Corona-Pandemie die Haushaltslage in den Kommunen derart verschärft, dass hier keineswegs die Städtebauförderung alle Probleme lösen kann und nicht überfrachtet werden dürfe.

Grußwort aus Frankreich

Im Rahmen eines digitalen Gastbeitrages sprach Nadia Hai, Ministerin für Stadtentwicklung in Frankreich, ihre Glückwünsche zum Jubiläum aus. Sie hob die große Bedeutung des europäischen Erfahrungsaustauschs gerade in schwierigen Zeiten der Pandemie hervor und berichtete über ihre Erfahrungen mit besonderen investiven und nicht-investiven Förderinstrumenten sowie über die wichtigsten Handlungsfelder der französischen Stadtentwicklungspolitik.

„Zukunftsarenen“ zur Städtebauförderung und Abendveranstaltung

In den anschließenden sechs Zukunftsarenen zu aktuell drängenden Themen der Städtebauförderung wurden sowohl live aus der Flora Köln als auch im Stream anhand konkreter deutscher und internationaler Praxisbeispiele Einblicke in die Projekte engagierter Akteurinnen und Akteure gegeben und zur Diskussion gestellt. Dabei waren die digital Teilnehmenden herzlich eingeladen, sich über die Chats aktiv zu beteiligen.

Zum Abschluss des ersten Tages wurden in der Sonderveranstaltung „20 Jahre Preis Soziale Stadt“ mit einem Blick auf herausragende Projekte aus den Wettbewerben von 2000 bis 2019 ins Rampenlicht gerückt.

TAG 2

Begrüßungen und Keynote: Zukunft 4.1 – Warum wir die Welt nur digital retten oder gar nicht

Erwin Schwärze, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, eröffnete den zweiten Kongresstag mit einem Resümee zu den Ergebnissen des Vortags und einem Überblick über die vom Thema urbane Resilienz geprägten Programmpunkte des zweiten Tages. Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, hob die Bedeutung der Städtebauförderung für die Entwicklung der Stadt Köln in den vergangenen 50 Jahren hervor, in deren Rahmen zahlreiche erfolgreiche Projekte gefördert wurden und werden, wie beispielsweise „Starke Veedel – Starkes Köln“, die Weiterentwicklung der Via Culturalis im Herzen der Stadt, die Platzgestaltung im nördlichen Stadtteil Chorweiler oder – ganz aktuell – das Museumsprojekt „MiQua“ auf und unter dem Rathausplatz.

Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, gab interessante Einblicke in die Praxis der Städtebauförderung in Nordrhein-Westfalen und legte einen besonderen Fokus auf die Beteiligung der jungen Generation im Sinne der Generationengerechtigkeit. Die Entwicklung der Innenstädte sei ihr aktuell sehr wichtig, weshalb sie bereits im Sommer 2020 unter dem Eindruck der ersten Auswirkungen der Corona-Pandemie einen Innenstadtfonds in Höhe von 70 Mio. € aufgelegt habe, der dieses Jahr noch um weitere 30 Mio. € aufgestockt werden solle.

Nach den Begrüßungsimpulsen thematisierte der Zukunftsmacher Jörg Heynkes in seinem Keynote Vortrag „Zukunft 4.1 – Warum wir die Welt nur digital retten oder gar nicht“ die Frage, wie unsere Welt von übermorgen aussehen werde und wie sich unsere Lebenswirklichkeiten verändern werden. Die Zukunft werde dabei maßgeblich durch die bereits aktuell dominierenden, globalen Trends der Digitalisierung sowie des Klimawandels beeinflusst. Dabei könnten durch die Digitalisierung durchaus einige Probleme des Klimawandels angegangen werden – wenn diese richtig genutzt werden. Denn es liege nun an uns, diese vierte industrielle Revolution aktiv und bewusst zu gestalten, die zugleich eine große Herausforderung und Chance sei.

In den Städten stelle sich die Frage, wie die Sicherstellung von Ernährung, Energieversorgung und Mobilität möglich sei, ohne „dabei den Planeten restlos auszuplündern“. Es bestehe schon lange kein Erkenntnisdefizit mehr, sondern es müsse jetzt und in den kommenden Jahren aktiv umgesetzt werden: Die Ernährungssicherheit könne etwa durch Stadtfarmen und die künstliche Herstellung von Fleisch gewährleistet werden; die Energieerzeugung müsse in Zukunft komplett dezentral, intelligent und erneuerbar sein. Große Veränderungen, die zum Teil schon begonnen haben, werden die Mobilität betreffen: Elektromobilität, autonomes Fahren und die Schwarmmobilität. Eine enorme Effizienzsteigerung, Sauberkeit und Sicherheit, gekoppelt mit einer erhöhten Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum wären aufgrund des weitestgehenden Wegfalls von Stellplätzen in unseren Städten erlebbar.

Bei all diesen Themen und Entwicklungen werde die künstliche Intelligenz eine entscheidende Rolle spielen. Es müsse gewährleistet sein, die notwendigen digitalen Kompetenzen zu erlernen, da ansonsten die Gefahr bestehe, abgehängt zu werden. Für die Zukunft wünscht sich Jörg Heynkes insofern vor allem Mut zur Veränderung. Dabei sollten alle Menschen Teil der Entwicklung sein können, damit jeder die Chance habe, auch selbst von den positiven Entwicklungen zu profitieren.

Verabschiedung Memorandum „Urbane Resilienz – Wege zur robusten, adaptiven und zukunftsfähigen Stadt“

Als Reaktion auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Städte und Gemeinden hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Herbst 2020 einen Beirat einberufen, der Wege aufzeigen sollte, wie die durch die Pandemie bedingten Veränderungsprozesse als Chancen genutzt werden können, um Städte und Gemeinden gegenüber Krisen und Katastrophen wie Pandemien oder den Klimawandel zu stärken. Das Ergebnis des Arbeitsprozesses des Beirats, der aus acht Expertinnen und Experten aus Verwaltung, Planung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft bestand, wurde im Impulsvortrag vom Beiratsvorsitzenden, Prof. Dr.-Ing. Detlef Kurth, TU Kaiserslautern, vorgestellt.

Vor dem Hintergrund des Stresstestes, den die Corona-Pandemie für unsere Städte und Gemeinden darstellt, werden im Memorandum Leitprinzipien, Aufgaben- und Handlungsfelder für eine resiliente Stadtentwicklung definiert. Das Memorandum kann hier eingesehen und heruntergeladen werden.

Memorandum "Urbane Resilienz - Wege zur robusten, adaptiven und zukunftsfähigen Stadt" (PDF, 2MB, Datei ist barrierefrei/barrierearm)

In der darauffolgenden Diskussion mit den Beiratsmitgliedern Nina Köksalan, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Prof. Dr. Detlef Kurth, TU Kaiserslautern sowie Dr. Oliver Weigel vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wurde der Erarbeitungsprozess sowie die Aussagen und Forderungen des Memorandums diskutiert und erläutert.

Das Memorandum soll auf nationaler Ebene Themen, die in der Neuen Leipzig-Charta als politische Ziele definiert sind, besser herausheben und schneller umsetzen. Dabei ist das Thema Governance besonders wichtig, um die Politik und Verwaltung auf der lokalen Ebene zu unterstützen und bei der Bewältigung der Herausforderungen zu stärken. Dies kann jedoch nur durch intensive Beteiligung und eine Stärkung des zivilgesellschaftlichen Handelns gelingen. Gerade auf der Ebene des Quartiers hat die Pandemie gezeigt, wie alltägliche Solidarität und ein neuer Gemeinsinn entstanden sind – Aspekte, die es gilt, auch nach der aktuellen Krisensituation bestmöglich zu fördern und zu unterstützen. Die stärkere Integration der Risikovorsorge und des Katastrophenschutzes in die Stadtentwicklungsplanung ist eine besondere Forderung des Memorandums. Während bislang diese beiden Systeme häufig abgekoppelt voneinander agiert haben, wird im Memorandum eine stärkere Integration gefordert.

Im Rahmen seines Gastbeitrags verweist Thorsten Schäfer-Gümbel, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) auf die hohe Relevanz des Resilienzgedankens in der internationalen Planung bereits vor der Corona-Pandemie und hebt die zentrale Rolle von Städten bei der Bewältigung derartiger Krisen hervor. So stehen viele Städte und Regionen – insbesondere in Afrika und Asien, wo 90% des Zuwachses der urbanen Bevölkerung bis 2050 erwartet wird – vor großen Herausforderungen. Nicht nur dort, sondern weltweit bestehe der dringende Bedarf an integrierten Ansätzen, um kommunale Verwaltungen dazu zu befähigen, die Grundlagen für eine nachhaltige, gesunde und resiliente urbane Zukunft zu schaffen. In diesem Kontext bestehe ein enormes Potenzial in der stärkeren Internationalisierung der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, um Wissen aus Deutschland zu exportieren, aber auch von internationalen Erfahrungen zu lernen.

Die Mitglieder der Runde verabschiedeten mit Moderatorin Anja Heyde – stellvertretend für das digitale Publikum des Bundeskongresses – gemeinsam das Memorandum „Urbane Resilienz – Wege zur robusten, adaptiven und zukunftsfähigen Stadt“. In der anschließenden Slido-Umfrage bestimmten die digital Teilnehmenden des Kongresses die Begriffe „Gemeinwohl“, „Nachhaltigkeit“, „soziale Gerechtigkeit“, „Beteiligung“ und „Experimentale“ als aus ihrer Sicht wichtigsten Begriffe und Aufgaben des Memorandums.

Video 50 Jahre Städtebauförderung in Köln

Der Filmbeitrag „50 Jahre Städtebauförderung in Köln“ zeigt die Entwicklung der Stadt mit Fokus auf die besondere Bedeutung der Programme auf die Stadtentwicklung. Die umfangreiche Unterstützung in den letzten 50 Jahren haben das Stadtbild stark geprägt. Die Städtebauförderung wirkt sich positiv und nachhaltig auch über den Abschluss der geförderten Maßnahmen hinaus auf die Entwicklung der Stadt in den inneren, wie auch in den äußeren Bereich aus.

Diskussion Partner: Städtebauförderung für resiliente Städte

Wie die Städtebauförderung die Städte und Gemeinden bei der Stärkung ihrer urbanen Resilienz unterstützen kann, beleuchteten in einer weiteren fachpolitischen Runde Nicole Graf, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Hilmar von Lojewski, Beigeordneter beim Deutschen Städtetag, Sabine Nakelski, Vorsitzende der Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz der Länder und Norbert Portz, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Detlef Kurth im Gespräch mit Moderatorin Anja Heyde.

Zunächst wurde dabei noch einmal der Begriff der urbanen Resilienz genauer gefasst. Es gehe nicht nur um das „Zurückschwingen“ in einen Ausgangszustand vor der Krise, sondern um das aktive Anpassen, Verändern und Weiterentwickeln nach Krisen- und Katastrophenereignissen. Um diesen Prozess zu befördern, biete die Städtebauförderung aufgrund ihrer inhaltlichen Flexibilität bereits heute beste Voraussetzungen. Daher werden auch im Memorandum keine neuen Förderprogramme gefordert, sondern vielmehr die Integration von Risikoanalyse und -management als Regelaufgabe in bestehende Instrumente – insbesondere in Stadtentwicklungskonzepte und die Städtebauförderung. Allerdings wurde auch betont, dass vor dem Hintergrund eines massiven mittelfristigen Investitionsbedarfs in den Kommunen z. B. in der Infrastruktur oder im öffentlichen Raum zur Umsetzung von Maßnahmen die Kommunen adäquat auszustatten seien. Und dies finanziell wie auch personell: „personalstark, finanzstark, gestaltungsstark und steuerungsstark“. Denn die wichtigste Voraussetzung einer guten Stadtentwicklung seien neben einer aktiven Beteiligung der Zivilgesellschaft (Koproduktion) handlungsfähige Städte und Gemeinden.

Die Nationale Stadtentwicklungspolitik liefere mit dem Memorandum einen guten Referenzrahmen, der zwar vor dem Hintergrund der Pandemie entwickelt, gleichzeitig aber auch weitere dringliche Herausforderungen der Stadtentwicklungspolitik adressiere, z. B. die Wohnraumversorgung sowie die Klimagerechtigkeit. Im Sinne der Gemeinwohlorientierung wird eine stärkere Positionierung des Staates bei der Bodenpolitik eingefordert. Soziale Ungleichheit gerade bei der Wohnraumversorgung sei grundsätzlich als ein krisenhafter Zustand zu betrachten. Eine bodenrechtliche Handlungsfähigkeit der Kommunen wird in diesem Zusammenhang als eine der zentralen Voraussetzungen für eine resiliente Stadtentwicklung betrachtet.

In der Neuausrichtung der Städtebauförderung sind die Themen Klimaschutz und Klimafolgenanpassung zwar bereits fest verankert, hier wird jedoch darüber hinaus – nicht zuletzt aufgrund des zu begrüßenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Klimaschutzgesetzes – eine noch stärkere Fokussierung auch in der Städtebauförderung gefordert und erwartet. Urbane Resilienz solle dabei wie Klimaschutz über alle drei Programme als Querschnittsthema gefördert werden – am besten bereits ab 2021. Es werde zudem eine „Sanierungsoffensive“ gebraucht, die gerade das öffentliche Bauwesen im Bestand substanziell erneuert.

Trotz der aktuell schwierigen Lage blicken die Teilnehmenden der Runde positiv in die Zukunft der Stadtentwicklung. Die Bewältigung der großen Aufgaben der Klimaanpassung und -gerechtigkeit, des Wandels der Innenstädte sowie der Mobilität und der Wohnraumversorgung wird herausfordernd sein. Sie erfordern auch den Mut, neue Wege zu gehen. In einer „Experimentale“ sollte urbane Resilienz ausformuliert und exemplarisch erprobt werden. Genau dafür sei auch zukünftig die Städtebauförderung als „Ermöglicher“ bestens geeignet.

Wettbewerb Koop.Stadt: Vorstellung Ergebnisse

Was ist eine kooperative Stadt? Auf diese Frage hatten 13 Preisträgerinnen und Preisträger eine überzeugende Antwort und wurden beim Wettbewerb „Koop.Stadt – Bundespreis der Nationalen Stadtentwicklungspolitik“ ausgezeichnet. Im Gespräch mit Dr. Oliver Weigel, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, und Astrid Messer, Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, stellten sich einige Projekte und Initiativen vor. Anschließend erhielten alle Preisträgerinnen und Preisträger eine Auszeichnung für ihre herausragenden kommunalen Beispiele der Kooperation von Stadtgesellschaft, Politik und Verwaltung. Die Ergebnisse können hier eingesehen werden.

Bundespreis kooperative Stadt

Sessions und Ausblick: Wie gemeinsam weiter in der Nationalen Stadtentwicklungspolitik und der Städtebauförderung?

Am zweiten Kongresstag lag der Schwerpunkt des Nachmittags auf den 21 parallel stattfindenden, interaktiven Sessions verschiedener Veranstalterinnen und Veranstalter, die überwiegend digital, aber auch live aus Köln zu den vielfältigen Themen der Stadtentwicklung und Städtebauförderung stattfanden.

Zum Abschluss des Kongresses richteten Erwin Schwärzer, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, in Form einer Videobotschaft sowie Nicole Graf und Dr. Oliver Weigel, beide Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, gemeinsam den Blick in die Zukunft und sprachen über die nächsten Schritte im Rahmen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik. Dabei wurde betont, dass mit der Verabschiedung der Neuen Leipzig-Charta sowie der Erarbeitung des Memorandums „Urbane Resilienz“ wichtige Ziele erreicht worden seien, die es jetzt gilt, in die Praxis umzusetzen. Es werde bereits intensiv an der Umsetzung der Neuen Leipzig-Charta und der Urbanen Agenda für die EU gearbeitet. Als vorrangige Herausforderungen der kommenden Jahre wurde die Transformation der Innenstädte, die Klimaanpassung sowie die Mobilitätswende gesehen. Da diese Herausforderungen nicht vor nationalstaatlichen Grenzen halt machen, soll die Nationale Stadtentwicklungspolitik entsprechend der Neuen Leipzig-Charta zukünftig stärker internationalisiert und der internationale Erfahrungsaustausch gefördert werden.

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