In dem Berliner Pilotprojekt „Kuratiertes Erdgeschoss-Management in Zentren und Geschäftsstraßen“ werden die Auswirkungen der Pandemie auf ausgewählte Berliner Zentren untersucht. Dazu werden Ansätze recherchiert, wie eine aktive Steuerung des Branchen- und Nutzungsmix in gewachsenen Standortlagen künftig gelingen kann. In den Blick genommen werden u.a. verschiedene Akteure und Steuerungsinstrumente.
Da die Dominanz des Einzelhandels in Zentren auf absehbare Zeit weiter abnehmen wird, ist das Projekt ein Beitrag zur Stärkung der Resilienz und zur Erhaltung vielfältiger und lebendiger Innenstädte. Dazu sind kreative Ansätze, wie neue Nutzungen, Funktionen und Mischungen etabliert werden können, bedeutsam.
Als Grundlage für die Ermittlung der Ausgangssituation wurde zunächst eine Methode zur Erfassung der einzelhandelsergänzenden Erdgeschossnutzungen erarbeitet. Im Zusammenspiel mit dem Einzelhandel sorgen diese sonstigen Nutzungen für Passantenfrequenzen im Tages- und Wochenverlauf und bestimmen nicht zuletzt mit ihrem Erscheinungsbild die Vielfalt und Qualität der Zentren. In 18 ausgewählten Berliner Geschäftslagen und Zentren unterschiedlicher stadtentwicklungsplanerischer Hierarchiestufen wurde ein breit gefächertes Spektrum sonstiger Nutzungen erfasst. Dies bezieht sich auf Kategorien wie Dienstleistungen, Kunst / Kultur / Bildung, Gastgewerbe, Öffentliche Verwaltung, Handwerk und Wohnen. Unter Berücksichtigung der Daten aus der, in Berlin alle fünf Jahre stattfindenden, Erhebung von Einzelhandelsbetrieben besteht somit eine erste, umfassende, empirische Grundlage zur Bewertung der Nutzungssituation in den Erdgeschosszonen.
Die Erhebung wurde – nach dem zweiten Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie – im Wesentlichen im vierten Quartal 2021 und im ersten Quartal 2022 – durchgeführt. In den Untersuchungsräumen wurden insgesamt rund 4.900 Einheiten sonstiger Erdgeschossnutzungen sowie rund 3.100 Einzelhandelsnutzungen erfasst.
Der Einzelhandel ist durchschnittlich nach wie vor ein prägender Nutzungsbaustein in den Zentren. Insbesondere höherrangige Zentren sind häufig stärker durch Einzelhandel geprägt, während in Ortsteilzentren die höchsten Anteile der Dienstleistungen zu verzeichnen sind. Die sonstigen Erdgeschossnutzungen sorgen für einen vielfältigen Nutzungsmix in den städtischen Zentren und Geschäftslagen. Bezogen auf den Anteil der Nutzungseinheiten übersteigt dieser regelmäßig den Anteil der Einzelhandelsnutzungen. Bestimmende Nutzungen sind das Gastgewerbe (Gastronomie / Hotellerie) sowie private Dienstleistungen (u. a. Banken, Versicherungen, Gesundheitsdienstleister oder freie Berufe). Das Wohnen in Erdgeschossen ist grundsätzlich in allen Zentrenstufen anzutreffen, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. Teilweise findet es sich vermehrt in Randbereichen der Zentren. Der Anteil der Leerstände in den Erdgeschosszonen (bezogen auf die Anzahl der Einzelhandelsnutzungen und der sonstigen EG-Nutzungen) lag bei 7 Prozent (siehe Grafik). Bislang ist es nicht zu dem befürchteten funktionalen Wegbrechen einzelner Standorte gekommen.
Die Erhebung wird zu Beginn des Jahres 2023 wiederholt. Die dann vorliegenden Ergebnisse werden qualitativ ausgewertet und als Grundlage für eine Abschätzung der Pandemiefolgen für Berliner Zentren und Geschäftslagen genutzt.
Café Bilder Buch, ein Café in Kombination mit Kleinkunstgalerie in der Berliner Akazienstraße (Tempelhof-Schöneberg)
Quelle: JUNKER + KRUSE
Verteilung der Erdgeschossnutzungen in 18 ausgewählten Berliner Geschäftslagen 2021
Quelle: JUNKER + KRUSE