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Nationale Stadtentwicklungspolitik

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In einem Raum mit zwei großen Schaufenstern sitzen etwa vierzig Menschen in einem U-förmig angeordneten Gesprächskreis.

Kreative Impulse fürs Quartier

Erfahrungsaustausch über kreative Strategien und Formate für aktivierende Stadtentwicklung in Bernburg

Bereits der Veranstaltungsort zeigte, worum es geht: Der Verein „Stadt als Campus“ hatte im Rahmen der Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier rund vierzig Stadtmacherinnen und Stadtmacher aus der Kultur- und Kreativbranche, aus Hochschulen, Verwaltungen und der Wohnungswirtschaft  zum Erfahrungsaustausch und zur Zwischenbilanz in den Projektraum COI nach Bernburg geladen. Seit 15 Jahren vernetzt „Stadt als Campus e. V.“ etablierte Akteure der Stadtentwicklung etwa aus kommunalen Planungsämtern oder aus der Immobilienwirtschaft mit kreativen Akteuren aus Hochschulen, Kulturvereinen, Schulen und zivilgesellschaftlichen Initiativen. Das Netzwerk knüpft neue Allianzen, um die Impulse von Studierenden und anderen jungen Kreativen für die gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung langfristig und strategisch zu nutzen. Das COI in Bernburg zeigt beispielhaft, wie das geht.

In einer Schaufensterscheibe spiegelt sich eine Kleinstadtkulisse, davor hält eine Hand eine Publikation mit der Aufschrift Kreative Stadtentwicklung. Gemeinsam für das Quartier Vor dem Projektraum COI, Veranstaltungsort des Erfahrungsaustauschs in Bernburg Quelle: BBSR / EINSATEAM (Kascha Lemke)

Die kommunale Bernburger Wohnstättengesellschaft hatte vor fünf Jahren Studierenden der Hochschule Anhalt ein leerstehendes Ladenlokal in der Innenstadt für die Umsetzung ihrer Idee eines Co-Working- und Event-Space zur Verfügung gestellt. Mittlerweile ist das COI nicht nur ein wichtiger Satellit der Hochschule im Stadtzentrum. Der Raum ist offen für alle Bernburger, Initial für viele neue Aktivitäten und trägt maßgeblich zur Belebung der Innenstadt bei. Seit diesem Jahr finanziert die Stadt Bernburg sogar eine halbe Personalstelle für den Betrieb und die Entwicklung der Einrichtung.

Bernburgs Oberbürgermeisterin Dr. Silvia Ristow, die beim Erfahrungsaustausch einige Worte zur Begrüßung sprach, unterstrich die Bedeutung der kontinuierlichen Zusammenarbeit mit Studierenden für die Entwicklung der Stadt: „Wir brauchen gute Ideen und kreative Akteure für unsere Problemzonen wie die zunehmend von Leerstand bedrohte Innenstadt.“

Reiner Schmidt von dem NEtzwerk Stadt als Campus hört der Bernburger Oberbürgermeisterin Silvia Ristow zu. Erfahrungsaustausch in Bernburg Reiner Schmidt (Stadt als Campus) und Oberbürgermeisterin Silvia Ristow (Bernburg) Quelle: Gemeinsam für das Quartier / Lukas Petereit

Mehr als nur temporäre Aktivierung

Welche unterschiedlichen Ansätze und Modelle es für die Kooperation zwischen „etablierten“ Stadtentwickelnden – etwa aus der Stadtverwaltung oder Wohnungsunternehmen – und Kultur- und Kreativschaffenden gibt, zeigten die drei Gesprächsrunden der Veranstaltung. In kurzen Impulsvorträgen stellten sich Initiativen und Netzwerke unter anderem aus Aachen, Bernburg, Dessau, Offenbach, Helmstedt, Regensburg und Witten vor. Vom ungenutzten Pferdestall in der Kleinstadt über leerstehende Bankfilialen und ehemalige Warenhäuser in Mittel- und Großstädten bis hin zu Quartieren in Berlin-Marzahn und regionenübergreifenden Kreativquatieren im Ruhrgebiete oder bundesweiten Netzwerken wie der Urbanen Liga reichte das Spektrum der vorgestellten Wirkungsbereiche kreativer Stadtmacherinitiativen.

Dabei wurde deutlich, dass es um weit mehr als die temporäre Belebung und Zwischennutzung leerstehender Immobilien geht. Das zeigten etwa die vorgestellten Beispiele aus Aachen, wo die Städtische Entwicklungsgesellschaft SEGA bei der Entwicklung einer ehemaligen Parkhausfläche im Stadtzentrum von Anfang an auf die Einbindung von Akteuren wie dem Verein „Wir sind die Meffis“ setzt, oder aus Offenbach, wo die Hochschule für Gestaltung gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung mit innovativen Raumprogrammen „Orte der Selbstermächtigung“ und neue Netzwerke für die Stadtentwicklung aktiviert.

Anne Keßler, Referatsleiterin beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) verwies auf die große Relevanz innovativer, kokreativer und soziokultureller Formate für die Innenstadtentwicklung und Maßnahmen der Städtebauförderung. Wichtig sei dabei vor allem der Wissenstransfer: Wie können möglichst viele Kommunen von den Erfahrungen in der Entwicklung und Verstetigung kreativer Stadtmacherinitiativen profitieren? Sie verwies dabei auf die Rolle der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, die unter anderem die Vernetzungsinitiative „Gemeinsam für das Quartier“ fördert, aber auch auf weitere Austausch- und Transferprogramme wie die Kleinstadtakademie

Gruppenfoto von etwa vierzig Personen, die vor stehen vor dem Schaufenster des Projektraums COI in Bernburg stehen. Erfahrungsaustausch Bernburg Teilnehmende des Erfahrungsaustauschs vor dem Projektraum COI in Bernburg, März 2023 Quelle: Gemeinsam für das Quartier / Lukas Petereit

Planen ohne Plan

Beim Erfahrungsaustausch in Bernburg wurde einmal mehr deutlich, dass die Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Kooperation zwischen „etablierten“ und „kreativen“ Stadtentwickelnden die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache und eines gegenseitigen Verständnisse ist. Was banal klingen mag, ist in der Praxis essentiell: das Verständnis der Initiativen für Verwaltungs- und Entscheidungsprozesse einerseits, die Offenheit und Bereitschaft von Kommunen und Immobilienwirtschaft andererseits, unkonventionelle Wege im Planungsprozess zu gehen und sich selbst als „lernende Verwaltung“ zu verstehen, wie es zum Beispiel Maria Lang von der Stadt Regensburg beschrieb. 

Kreative Stadtentwicklung verlangt von allen Akteuren, ein „Planen ohne Plan“ – im Sinne eines ergebnisoffenen Prozesses, der Freiraum für Unvorhergesehenes lässt. „Die Ziele sind klar, aber der Weg dahin ist nicht vorgezeichnet“, fasste beispielsweise Katrin Baba-Kleinhans von der Berliner degewo AG zusammen.

„Es hat sich hier in den letzten 15 Jahren als ‚Stadt als Campus‘ startete, vieles getan“, resümierte Stephan Willinger vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). „Immer mehr institutionelle Akteure nehmen kreative Stadtmacherinitiativen als wertvolle Ressource wahr und binden sie strategisch in ihre Entwicklungsprozesse ein.“ Die Vernetzungsinitiative „Gemeinsam für das Quartier“ und „Stadt als Campus e.V.“ tragen dazu bei, das Vertrauen in das Gelingen solcher Prozesse zu stärken, erfolgreiche Instrumentarien und Modelle zu vermitteln und neue Kooperationen anzustoßen.

Die Vernetzungsinitiative setzt den Erfahrungsaustausch und die konkrete Zusammenarbeit in den kommenden Monaten im Rahmen verschiedener Impuls- und Stadtlabore unter anderem in Offenbach und Aachen fort. Das Thema „Kulturorte explorativ entwickeln“ wird beispielweise am 26. April 2023 bei einer Folgeveranstaltung in Regensburg im M26 vertieft. 

Weitere Informationen zu den Terminen und Möglichkeiten der Teilnahme sind bei Heike Mages vom Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. (E-Mail: h.mages@deutscher-verband.de ) erhältlich oder auf der Website der Vernetzungsinitiative.

 

Weiterführende Links

Mehr zur Vernetzungsinitiative Gemeinsam für das Quartier

Publikation Kreative Stadtentwicklung: Formate, Orte, Strategien

Erfahrungsaustausch in Bernburg

Eine junge Frau mit braunen langen Haaren und einem Laptop auf dem Schoß spricht. Erfahrungsaustausch in Bernburg
Helena-Maria Philipp vom Projektraum COI, Bernburg , Quelle: Gemeinsam für das Quartier / Lukas Petereit
Das Cover der Publikation Kreative Stadtentwicklung ist zu sehen. Es ist violett, gelb, grün gestreift. Gemeinsam für das Quartier
Publikation der Vernetzungsinitiative , Quelle: DV / Plan Zwei
In einem Raum mit zwei großen Schaufenstern sitzen etwa vierzig Menschen in einem U-förmig angeordneten Gesprächskreis. Erfahrungsaustausch in Bernburg
Blick in die Gesprächsrunde im Projektraum COI, , Quelle: Gemeinsam für das Quartier / Lukas Petereit